Gyrasehemmer Wirkungsweise

Gyrasehemmer sind antibiotisch wirkende Substanzen. Sie werden vollständig synthetisch hergestellt. Gyrasehemmer werden nach einem Teil ihrer chemischen Struktur auch häufig als Chinolone bezeichnet.

Die Wirkung der Gyrasehemmer setzt am Erbgut der Bakterien an. In diesem Erbgut sind die Baupläne aller für die Erreger wichtigen Eiweiße gespeichert. Die Masse der Informationen ist in einem langen, strickleiterförmigen Molekül, der DNA-Kette enthalten, welche im Zellkern der Bakterien aus Platzgründen verdreht untergebracht ist. Soll ein Eiweiß hergestellt werden, muss zunächst der Bauplan dazu von dem entdrillten DNA-Molekül abgelesen werden. Diese Aufdrehung und später wieder die Verdrillung bewirkt das spezielle und nur bei Bakterien vorkommende Enzym DNA-Gyrase. Dieses Enzym wird von den Gyrasehemmern blockiert. Damit unterbinden sie die Herstellung von Eiweißen, die für die Erreger lebenswichtig sind und bewirken die Abtötung der Keime. Diese abtötende Wirkung wird auch als Bakterizidie bezeichnet. Bei den Wirkstoffen Ofloxacin und Ciprofloxacin lassen Versuche allerdings eine weitere bisher nicht bekannte Wirkkomponente vermuten.

Die älteren Wirkstoffe aus der Gyrasehemmer-Gruppe werden als Gyrasehemmer der 1. Generation bezeichnet. Sie besaßen nur eine geringe Wirkung gegen wenige Keime und wirkten ausschließlich im Harnwegsbereich. Daher ist von diesen Substanzen nur noch gelegentlich die Pipemidsäure im Einsatz. Die weiterentwickelten Gyrasehemmer der 2. Generation haben ein deutlich größeres Wirkspektrum als die Gyrasehemmer der ersten Generation. Das heißt, sie wirken gegen viele verschiedene Keime und das praktisch überall im Körper. Allein das Norfloxacin kommt ausschließlich bei Harnwegsinfektionen zur Anwendung.

Gyrasehemmer werden gerne im ambulanten Bereich eingesetzt, weil sie auch bei der Einnahme über den Mund sehr wirksam sind. Aus dem Darm werden sie in hohem Maße in das Blut aufgenommen und gelangen auf diesem Wege in die verschiedensten Körpergewebe (wie Lunge, Knochen, Knorpel, Hirnwasser). Dort erreichen sie ausreichend hohe Konzentrationen, um Bakterien abzutöten.

Als Nebenwirkungen treten bei den Gyrasehemmern häufig (wie auch bei anderen Antibiotika) Magen-Darm-Beschwerden auf. Schwer wiegender sind mögliche Knorpelschäden mit dem Risiko eines Risses der Achillessehne. Diese Nebenwirkung tritt besonders bei Kombination mit Glukokortikoiden auf. Ebenso schwer wiegend sind das Gehirn betreffende Nebenwirkungen der Gyrasehemmer. Diese können von Kopfschmerzen und Schwindel bis hin zu Depressionen, Erregungszuständen und Psychosen reichen. Außerdem könnnen Gyrasehemmer den Blutzuckerspiegel senken und damit in seltenen Fällen zu so genannten Unterzuckerungen (Hypoglykämien) führen. Diese treten typischerweise in den ersten drei Tagen nach Therapiebeginn auf. Vor allem ältere Patienten mit Diabetes mellitus vom Typ 2 und darunter besonders diejenigen, die als Blutzuckersenker Sulfonylharnstoffe einnehmen, scheinen gefährdet zu sein. Die Anzeichen einer Unterzuckerung sind Nervosität, kalter Schweiß, Bewusststeinstrübungen und manchmal auch Fieber.

Aufgrund der beschriebenen möglichen Knorpelschädigungen sollen Gyrasehemmer möglichst nicht während der Schwangerschaft und nicht bei Kindern vor Abschluss der Wachstumsphase (Ausnahme: bei cystischer Fibrose) gegeben werden. Da Gyrasehemmer auch die zentrale Erregbarkeit des Gehirns erhöhen, dürfen sie nicht bei Epilepsie-Patienten eingesetzt werden. Die Krampfbereitschaft und Bereitschaft zu epileptischen Anfällen wird durch die Kombination von Gyrasehemmern mit nicht-steroidalen Antiphlogistika oder nicht-opioiden Schmerzmitteln (mit Ausnahme der Acetylsalicylsäure) noch verstärkt.

Da von einigen Gyrasehemmern der Patentschutz abgelaufen ist und Nachahmerpräparate existieren, werden sie heute recht häufig eingesetzt. Dies führt leider vermehrt zur Resistenzentwicklung der Keime.