Tinnitus Behandlung

Sind organische, also körperlich nachweisbare Ursachen für die Ohrgeräusche verantwortlich, kann der Arzt speziell diese Ursachen behandeln. Bestehende Verengungen (Stenosen) der Halsgefäße beispielsweise können operativ erweitert werden. Ist eine Kiefergelenkfehlstellung der tinnitusauslösende Faktor, hilft eine Kiefergelenkkorrektur. Sind Fremdkörper im Gehörgang wie Watte oder auch Ansammlungen von Ohrenschmalz für die Ohrgeräusche verantwortlich, werden diese vom Arzt entfernt.

Einen besonders erfolgversprechenden nicht-operativen oder medikamentösen Ansatz bietet die Tinnitus-Retraining-Therapie. Sie verbessert nachweislich die Lebensqualität von Patienten, die in erheblichem Maß unter ihrem Tinnitus leiden. Die Tinnitus-Retraining-Therapie basiert auf folgenden Erkenntnissen: Gewohnte Umgebungsgeräusche (zum Beispiel die des Kühlschrankes oder das Ticken der Uhr) blendet das Gehirn nach einer Phase der Gewöhnung aus. Diesen Effekt macht man sich für die Tinnitus-Therapie zu Nutze. Ziel der Behandlung ist es, die Wahrnehmung des Tinnitus vom bedrohenden Geräusch zu einem nicht belastenden Nebengeräusch zu verändern. Dies geschieht durch eine intensive Aufklärung des Patienten in Kombination mit Entspannungsübungen, Gesprächstherapie und dem Erlernen von Stressbewältigungsstrategien.

Bei subjektiven Ohrgeräuschen ohne nachweisbare organische Ursache werden auch andere ärztliche Behandlungsmethoden eingesetzt. Allerdings konnte bisher bei keiner Therapie eine Wirksamkeit wissenschaftlich nachgewiesen werden. Dennoch gehen wir im Folgenden auf verbreitete Methoden ein. Dabei unterscheiden wir zwischen der Therapie des akuten und des chronischen Tinnitus.

Bei akutem Tinnitus ist die Therapie im Wesentlichen auf die Möglichkeit der vollständigen Beseitigung des Ohrgeräusches beziehungsweise einer deutlichen Minderung ausgerichtet. Bei jedem plötzlich aufgetretenem Tinnitus wird der Arzt Ihnen empfehlen, Stress zu vermeiden. Möglicherweise wird er Sie auch krank schreiben, unter Umständen kann sogar eine Einweisung ins Krankenhaus sinnvoll sein. Zudem wird häufig eine medikamentöse Behandlung empfohlen. Der Arzt verordnet zu Beginn der Behandlung Vitamin-E-Präparate sowie Medikamente mit dem Wirkstoff Magnesium. Um Entzündungen des Innenohrs entgegen zu wirken, werden eventuell auch Glukokortikoide (zum Beispiel Kortison) eingesetzt. Die Medikamente werden je nach Ausprägung und vermuteter Ursache des Tinnitus entweder als Tablette oder intravenös (in die Vene) verabreicht. Außerdem werden häufig Infusionen gegeben. Dazu zählen vor allem Lokalanästhetika (örtlich betäubende Medikamente) wie Procain sowie durchblutungsfördernde Wirkstoffe wie Betahistindimesilat, Sulpirid, Naftidrofuryloxalat, Pentoxifyllin, Polyhydroxyethylstärke (HES) oder Ginkgo. Dadurch kann die Versorgung des Innenohrs mit Sauerstoff verbessert werden. Die Infusionstherapie ist allerdings umstritten, weil ihre Wirksamkeit nicht vollständig belegt ist.

In ihrer Wirksamkeit umstritten ist auch die häufig angewendete Überdrucksauerstoffbehandlung (hyperbare Sauerstofftherapie). Die Patienten atmen dabei in einer Überdruckkammer über eine Atemmaske reinen Sauerstoff ein. Dadurch wird die Sauerstoffkonzentration im Blut um ein Vielfaches erhöht. Die Folge ist eine verbesserte Durchblutung sowie eine optimierte Sauerstoffversorgung der empfindlichen Haarzellen des Innenohres.

Je länger der Tinnitus besteht, umso ungünstiger ist die Chance einer vollständigen Heilung.

Bei chronischem Tinnitus werden manchmal durchblutungsfördernde Medikamente eingesetzt. Diese Behandlungsmethode ist allerdings umstritten. Der Arzt sollte deshalb individuell einschätzen, ob der mögliche Nutzen die Gefährdung durch eventuell auftretende Nebenwirkungen überwiegt. Grundsätzlich bemängeln Mediziner häufig den langfristigen Einsatz von durchblutungsfördernden Medikamenten.

Bei einer anderen Therapiemethode werden Medikamente verabreicht, die in den Nervenbotenstoffaustausch (Neurotransmitter-Haushalt) eingreifen. Hierzu zählen unter anderem die Wirkstoffe Caroverin, Flupirtin, Glutaminsäure und Glutaminsäurediethylester. Die Wirksamkeit wird aber in der Fachwelt ebenfalls kontrovers diskutiert und von einigen Wissenschaftlern in Frage gestellt.

Manchmal werden vom Arzt auch Medikamente verordnet, die eigentlich einem Krampfleiden entgegenwirken sollen. Dazu zählen die Wirkstoffe Carbamazepin und Gabapentin. Leider ist der Behandlungserfolg nur kurzzeitig und nicht von langfristiger Dauer.

Die aktuelle Forschung untersucht, ob eine sogenannte Magnetstimulation zur Milderung des Tinnitus beitragen kann. Dadurch soll die Aktivität überaktiver Hirnzentren reduziert werden. Außerdem wurden bei wenigen Patienten Hirnschrittmacher implantiert. Beide Methoden sind in ihrer Wirksamkeit aber noch nicht ausreichend untersucht, um die Wirksamkeit belegen zu können.

Bei schwerem chronischen Tinnitus wurde früher der Hörnerv durchtrennt. Von dieser Behandlungsmethode sieht man wegen der niedrigen Erfolgswahrscheinlichkeit heutzutage ab.

Zu den alternativen Behandlungsformen zählen unter anderem Akupunktur und Blutlasertherapie. Bei der Blutlasertherapie versucht man über die Energetisierung des Blutes durch farbige Laserstrahlen und -frequenzen eine verbesserte Durchblutung im Innenohrbereich zu erlangen. Außerdem kann die Technik der Stellatum-Blockade (Hals-Grenzstrang-Unterbindung) eingesetzt werden. Hierbei kommt es durch eine Injektion zur Erweiterung der Blutgefäße in Kopf und Hals.

Als unterstützende Methode kann eine Klangtherapie angewendet werden. Bei der Tomatis-Therapie zum Beispiel, einer speziellen Form der Klangtherapie, werden dem Patienten Musikstücke (meist von Mozart) über Kopfhörer eingespielt. Damit soll die Funktion des Ohres verbessert werden.

Unterstützend zur Tinnitus-Retraining-Therapie (siehe oben) können spezielle Hörgeräte (so genannte Noiser) eingesetzt werden. Der Noiser wird wie ein Hörgerät hinter dem Ohr getragen und sendet permanent ein leises, angenehm empfundenes Geräusch. So soll die Überempfindlichkeit des Gehörs für den Tinnitus gemildert werden. Nicht mehr zeitgemäß ist der Einsatz von sogenannten "Maskern". Diese Geräte produzierten laute Gegengeräusche, um den Tinnitus zu übertönen. Diese Methode wird heute aber nicht mehr angewandt.