Angststörungen Ursachen

Die Ursachen für Angststörungen sind, wie andere psychische Störungen auch, schwer oder nur unzureichend festzustellen. Über ihre Enstehung gibt es drei verschiedene Theorieansätze: Erstens psychoanalytische Theorien, zweitens lerntheoretische Theorien und drittens neurobiologische Theorien.
  • Die psychoanalytischen Theorien gehen davon aus, dass ein Mensch im Konfliktfall den Wunsch verspürt, diesen Konflikt zu lösen und so das psychische Gleichgewicht aufrechtzuerhalten. Misslingt die Konfliktlösung, tritt Angst auf. Auch wird angenommen, dass die betroffene Person in ihrer persönlichen Entwicklung nicht die Fähigkeit erwerben konnte, mit normaler Angst umzugehen. Bei Konflikten erlebt die Person deshalb eine Überforderung, und es können alte kindliche Ängste in ihr aufsteigen. Besonders treten beispielsweise bei drohendem Verlust einer nahestehenden Bezugsperson oder sozialen Anerkennungsverlusten akute Ängste wie Trennungsangst auf, die nicht bewältigt werden können. Diese unbewältigten Ängste führen zu den Symptomen von Panikstörungen oder generalisierten Angststörungen. Was die Entstehung von Phobien angeht, so vermutet die psychoanalytische Theorie einen etwas anderen Mechanismus: Ursache von Phobien sind demnach innere Konflikte (zum Beispiel verdrängte sexuelle Phantasien). Diese inneren Konflikte werden aber nicht bewältigt, sondern durch Abwehrmechanismen nach außen auf ein Objekt (zum Beispiel eine Spinne) verlagert. Bei einer Phobie hat der Betroffene dann nicht eigentlich Angst vor dem wirklichen Objekt, auf das er phobisch reagiert, sondern er fürchtet in Wahrheit die unbewusste Phantasie, die mit diesem Objekt in Verbindung steht.
  • Die lerntheoretischen Erklärungen eignen sich insbesondere für die Beschreibung der Entstehung von Phobien. Es wird ein mehrstufiger Prozess angenommen. Zunächst "erlernt" eine Person die Angst vor einer ehemals neutralen Situation. Am Beispiel der Flugangst erklärt, bedeutet das: Eine Person, die nie Angst vor dem Fliegen hatte, erlebt bei einem unruhigen Flug die Angst abzustürzen. Die ehemals neutrale oder sogar als angenehm erlebte Situation des Fliegens ist nun mit Angst besetzt. Würde diese Person sich danach wiederholt dieser Situation aussetzen und dabei sehen, dass die Angst unbegründet ist, würde das Fliegen seinen bedrohlichen Charakter verlieren. Die erworbene Angst vor dem Fliegen hält aber die Person davon ab, sich dieser Situation erneut auszusetzen. Auf diese Weise wird durch die Vermeidung der angstbesetzten Situation die Angst aufrechterhalten. Interessanterweise kann auch Angst vor einer Situation erworben werden, mit der die Person selbst noch nie schlechte Erfahrungen gemacht hat. So kann beispielsweise bei einem Kind schon Angst vor einer Maus entstehen, weil es gesehen hat, mit welcher Angst seine Mutter auf den Anblick einer Maus reagiert hat. Durch diese Beobachtung hat es gelernt, dass eine Maus etwas ist, wovor man Angst haben muss. Bei der Entstehung und Aufrechterhaltung von Angst spielt nach der lerntheoretischen Theorie auch die Wahrnehmung körperlicher Symptome eine wichtige Rolle. Denn verspürt eine Person Angst, stellen sich bei ihr körperliche Reaktionen wie Herzrasen ein. Diese Symptome werden vom Betroffenen subjektiv als Gefahr gedeutet. Dies führt aber dazu, dass das Angstgefühl noch verstärkt wird. Das verstärkte Angstgefühl trägt dann im Rahmen einer Stressreaktion zur Verstärkung der körperlichen Symptome bei. Es hat sich auf diese Weise ein Teufelskreis gebildet, der die stete Zunahme der Angstsymptomatik bewirkt.
  • Schließlich zu den neurobiologischen Theorien: Hier wird durch Betrachtung neurobiologischer Aspekte versucht herauszufinden, warum nicht alle Menschen unter ähnlichen Lernbedingungen Angstzustände entwickeln. Die Vermutung ist, dass nicht allein schlechte Lernerfahrungen zu der Ausbildung einer Phobie führen, sondern dass zusätzlich eine biologische Veranlagung bestehen muss. Ein Faktor, der hierbei eine Rolle zu spielen scheint, ist die Labilität oder Stabilität des autonomen Nervensystems. Das autonome Nervensystem reguliert und kontrolliert die Funktionen der inneren Organe wie Herz und Lunge. Bei Angstpatienten scheint es so zu sein, dass sie über ein labiles autonomes Nervensystem verfügen, das leicht durch verschiedenste Reize erregt werden kann. Dies führt dazu, dass Angstsymptome besonders schnell ausgebildet werden können. Die Labilität des autonomen Nervensystems wiederum scheint angeboren zu sein. Aus dieser Sichtweise gesehen könnten tatsächlich genetische Faktoren an der Entstehung von Angst- und Panikstörungen beteiligt sein.