Was bringen Fitness-Apps für Sportmuffel?

Gesundheits-Apps sind in, auch beim Sport. Können Spiele in den Apps die Motivation fürs Sporttreiben bei Fitnessmuffeln steigern? Von Ingrid Müller

Joggerin am Strand
Jacek Chabraszewski/Fotolia.com

Der innere Schweinhund ist ein mächtiger Gegner. Vielen Menschen raubt er die Motivation und hält sie davon ab, aufs Rad zu steigen oder zu Joggen. Jetzt wollten Forscher der Brigham Young University wissen, ob Gesundheits-App, die mit Spielen arbeiten, die körperliche Aktivität erhöhen können. Die sogenannte Gamification – also die Integration von spieltypischen Elementen und Prozessen - sei bei den Entwicklern mobiler Fitness-Apps derzeit ein populärer Trend, um Menschen auf Trab zu bringen. „Apps mit integrierten Spielen funktionieren vermutlich, aber es ist unklar, ob sie langfristig effektiv sind“, sagt Cameron Lister, der Leiter der Studie.

Fitness-Apps im Test

Der Forscher sowie sein Kollege Prof. Josh West wollten wissen, ob tatsächlich das Gesundheitsverhalten verändert, wenn man auf dem Screen ein Abzeichen gewinnen kann. Sie analysierten mehr als 2000 Gesundheits- und Fitness-Apps. Die Mehrheit der beliebtesten und am meisten verwendeten Apps nutzten die Gamification als besonderes Bonbon.  Die beiden Wissenschaftler luden außerdem selbst 132 Apps herunter, um zu sehen, wie gut sie funktionierten. Beispiele waren Zombies, Run!, Pact, Fitbit und DietBet. Bei der einen App treten Nutzer gegeneinander an und machen Geld auf Kosten derer, die ihre Fitness-Ziele nicht erreichen (Pact). Bei einer anderen App (Fitbit) kann der Nutzer Freunde auflisten, die ihm helfen, die Ziele zu erreichen. Geteilt werden der Status, die Fitness-Herausforderungen, Wettbewerbe und Ranglisten. Bei DietBet geht es ums Abnehmen, es funktioniert ähnlich wie Pact. Wer vier Prozent seines Startgewichts in vier Wochen verliert, bekommt Geld von jenen, die es nicht schaffen.

Belohnung weg, Motivation im Keller

Die Forscher stellten fest, dass gamifizierte Apps Schlüsselelemente wie die Verhaltensänderungen außer Acht lassen. Diese könne auf Dauer demotivieren. Die Belohnungen und Abzeichen könnten beispielsweise mit der Zeit eher als Arbeit verstanden werden und weniger als Spiel, glauben sie. Wenn die Belohnung verschwindet, ist auch mit der Motivation dahin. Die Apps könnten sich verstärkt auf die Entwicklung von Fähigkeiten fokussieren, rät das Forscher-Duo. „Die Entwickler lassen eine Möglichkeit aus, das Gesundheitsverhalten zu beeinflussen, weil sich die meisten Spiele der Gesundheits-Apps vor allem auf die Motivation beziehen“, sagt West. Diese sei zwar wichtig, aber Menschen müssten auch neue Fähigkeiten entwickeln, die ihnen eine Verhaltensänderung leichter macht.
Ein weiterer Negativpunkt ist, dass die häufigste Form der Motivation in den Apps darin besteht, sozialen oder Gruppendruck auszuüben (45 Prozent der Apps). An zweiter Stelle auf der Motivationsskala standen digitale Belohnungen (24 Prozent), gefolgt von Wettbewerb (18 Prozent) und Ranglisten (14 Prozent). „Die Nutzer sollten aber von sich aus gesund sein wollen und gesunde Aktivitäten unternehmen“, sagt Lister.

Keine unrealistischen Erwartungen

Zwar fanden die beiden Forscher die Gesundheitsspiele lustig und einnehmend, aber sie seien nicht sicher, ob sie tatsächlich zu großartigen Veränderungen im Gesundheitsverhalten führten. „Ich würde die Entwickler und Nutzer davor warnen, unrealistische Erwartungen an die potenziellen Effekte der gamifizierten Apps zu stellen“, sagt West. „Jeder würde gerne wissen, ob sie das Verhalten grundlegen ändern können – aber das wissen wir derzeit noch nicht.“

Mehr als  31.000 Gesundheits- und Fitness-Apps gebe es derzeit auf dem Markt, schätzen die beiden Forscher. Auch die Zahl der Apps, die mit Spielen die körperliche Aktivität erhöhen soll, wächst. Im Jahr 2016 sollen rund 2,8 Billionen Dollar damit umgesetzt werden.

Datum: 9.9.2014

Quelle: Lister C. und West, J.: „Playing hunger games: Are gamified health apps putting odds in your favor? Brigham Young University, 21. August 2014, erscheint im Journal of Medical Internet Research.