So lernen Kinder gesund zu essen

Beim gesunden Essen muss die Verpackung stimmen
Beim gesunden Essen muss die Verpackung stimmen
Kinder lieben Schokolade, Gummibärchen oder buntes Eis. Wie aber überlistet man Kinder, gesunde Lebensmittel zu essen? Durch eine verlockende Verpackung!
 

Gesunde Lebensmittel wie Schulmilch oder Vollkornsandwiches üben auf Kinder oft wenig Anziehungskraft aus. Dagegen erscheinen bunte Joghurtbecher mit der Lieblingszeichentrickfigur, poppige Getränke oder blaue Gummibärchen oft viel attraktiver für die Sprösslinge. Eine Studie der Rheinischen Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn fand jetzt heraus, dass Grundschulkinder auch zu gesunden Lebensmitteln greifen. Vorausgesetzt, die Verpackung stimmt und ist verlockend gestaltet.

Für Lieblingssnack legen sich Kinder ins Zeug

Insgesamt 179 Jungen und Mädchen von Dortmunder Grundschulen nahmen an dem Forschungsprojekt teil. Die Acht- bis Zehnjährigen konnten zwischen drei identischen Joghurt-Früchtemüsli-Snacks wählen, die nach den Empfehlungen des Forschungsinstituts für Kinderernährung (FKE) in Dortmund  hergestellt worden waren. Nur die Verpackungen waren unterschiedlich gestaltet: Erstens eine schlichte Standardverpackung, zweitens eine Verpackung mit zusätzlichen Gesundheitshinweisen und drittens mit Zeichentrickfiguere, die für Kinder besondersattraktiv sind.

Wie groß die Motivation der Grundschüler war, an einen bestimmten Snack aus dem Dreiersortiment heranzukommen, ermittelten die Forscher mit einem speziellen Messgerät, welches die Handgriffstärke misst. Es zeigt an, mit welcher Kraft die Kinder mit einer Hand zudrückten, wenn sie ihre Wunschpackung mit dem Müsli haben wollten. „Wir konnten mit diesem Handdynamometer ablesen, wieviel Anstrengung die Kinder bereit waren, für das Produkt zu leisten“, erläutert Erstautorin Laura Enax. Anschließend durften die Kinder auch von den Snacks in den unterschiedlichen Verpackungen kosten.

Kinder greifen bei Snacks besonders gerne zu, wenn die Verpackung ansprechend gestaltet ist. „Die Süßigkeitenindustrie hat sehr viel Erfahrung damit, wie sich mit Marketingeffekten der Produktabsatz bei Kindern steigern lässt“, sagt Prof. Bernd Weber vom Center for Economics and Neuroscience (CENs) der Universität Bonn.

Müsli mit Zeichtrickfiguren am beliebtesten

Die Nase vorne bei den Kindern hatte das Müsli in der Verpackung mit den attraktiven Zeichentrickfiguren. Hier wendeten die Kinder besonders viel Kraft auf, um an den Snack heranzukommen. Auch beim Geschmackstest schnitt das Müsli mit den spaßigen Zeichentrickfiguren am besten ab. Sowohl die Standardverpackung als auch die an die Gesundheit appellierende Verpackung fiel in der Gunst der Kinder deutlich ab. Das ergaben sowohl die Befragung als auch die Messung der Druckkraft in der Hand.

„Es handelt sich dabei um einen klassischen Marketing-Placeboeffekt“, sagt Weber. Wie bei einem Scheinmedikament (Placebo) wird bestimmten Produkten eine Wirkung zugesprochen, ohne dass dies durch den Inhalt gerechtfertigt wäre. Bei der Studie war in jedem Becher der identische Joghurt-Früchtemüsli-Snack. Trotzdem glaubten die Grundschulkinder zu erkennen, dass sich der Geschmack der Produkte voneinander unterschied.

Tests an übergewichtigen Kindern

„Attraktiv gestaltete Lebensmittelverpackungen können Kinder zu ungesunden Lebensmitteln verführen“, sagt Prof. Mathilde Kersting vom Forschungsinstitut für Kinderernährung Dortmund. Solche Marketingeffekte ließen sich jedoch auch nutzen, um den Nachwuchs für gesunde Lebensmittel zu gewinnen, so Kersting weiter. Jetzt wollen die Wissenschaftler untersuchen, ob stark übergewichtige Kinder besonders für Marketingplaceboeffekte auf Verpackungen empfänglich sind.

Datum: 26.6.2015