Reisekrankheit: Wenn Urlaub zur Qual wird
Wochenlang fiebern Sie Ihrem wohlverdienten Urlaub entgegen und freuen sich auf Sonne, Strand und Meer. Doch beim Gedanken an die Reise bis zur Wunschdestination wird Ihnen schon komisch. Denn aus Erfahrung wissen Sie: Egal, ob im Auto, auf dem Schiff oder im Flugzeug – Übelkeit, Schwindel und Schweißausbrüche sind Ihre ständigen Begleiter und machen den Reiseweg zur Tortur. Aber das muss nicht sein! Wir haben einige Mittel und Tipps zusammengetragen, die Ihnen bei Reiseübelkeit und Co. Erleichterung verschaffen.
Woher nur kommt diese Reiseübelkeit?
Reisekrankheit, Reiseübelkeit, Seekrankheit, Kinetose – alles Bezeichnungen für ein und dasselbe Krankheitsbild. Betroffene leiden bei ungewohnten, raschen Bewegungen vor allem in motorisierten Fortbewegungsmitteln an verschiedensten Symptomen. Dazu zählen:
- Übelkeit
- Erbrechen
- Schwindelgefühle
- Blässe
- Blutdruckabfall
- Herzrasen
- Atemnot
- Teilnahmslosigkeit
- Müdigkeit
Das Sinnessystem des Menschen hat sich im Laufe der Evolution an die selbstständige Fortbewegung in aufrechter Körperhaltung angepasst. Zu den dafür benötigten Sinnen, auf die die jeweiligen Rezeptoren reagieren, gehören:
- der Sehsinn (Auge)
- der Gleichgewichtssinn (Vestibulum, ein Organ im Innenohr)
- der Tiefensensibilität (Muskeln, Sehnen, Bänder)
- der Oberflächensensibilität, beziehungsweise Tast- und Berührsinn (Haut)
Das Vestibulum ist ein Organ im Innenohr, das aus drei Bogengänge besteht. Die Ringe liegen im rechten Winkel zueinander. So können alle drei Dimensionen des Raums erfasst werden:
- hinten und vorne
- rechts und links
- oben und unten
Die kleinen, feinen Härchen der Sinneszellen in den drei Bögen schwimmen in Flüssigkeit und verändern auf diese Weise ihre Lage je nach Körperbewegung. Beim Umknicken der Haare in eine Richtung, registriert die Sinneszelle einen Reiz und leitet dieses Signal an das Kleinhirn weiter. Dort werden die gewonnenen Informationen mit denen der anderen Sinne abgeglichen.
Das Gleichgewichtsorgan, das Gesehene und das über Haut und Muskeln wahrgenommene Lageempfinden spielen eng zusammen und vermitteln im besten Fall die gleiche Information. Im Auto, in der Bahn, an Bord eines Schiffes oder in einem Flugzeug kann es allerdings zu Verarbeitungsschwierigkeiten kommen, denn die Reize der verschiedenen Sinne passen nicht mehr unbedingt zusammen. So registrieren wir zum Beispiel, dass wir zwar sitzen, aber draußen vor dem Autofenster schnellt die Umwelt an uns vorbei und das Gleichgewichtsorgan bemerkt Erschütterungen während der Fahrt. In Folge des dadurch entstehenden „Informationskonflikts“ zwischen ruhigem Sitzen und schneller Fortbewegung treten die oben genannten Beschwerden auf.
Zudem haben psychische Faktoren bei Reisekrankheit einen großen Einfluss. Besonders Stress kommt beim Gedanken an eine Reise bei Betroffenen häufig auf. Dies kann dazu führen, dass Schwindel, Unwohlsein, Herzrasen und sogar Erbrechen schon vor der eigentlichen Reise eintreten. Diese Menschen sind quasi krank aus Angst vor dem Kranksein.
Die besten Mittel gegen Reiseübelkeit
In Apotheken sind unterschiedliche rezeptfreie sowie rezeptpflichtige Mittel gegen Reiseübelkeit erhältlich. Bei der medikamentösen Behandlung kommen allen voran Antihistaminika zum Einsatz. Diese haben eine hemmende Wirkung auf den schwindelerregenden Botenstoff Histamin, welcher außerdem das Brechzentrum des Gehirns (Hirnstamm-Areal, welches den Brechakt koordiniert) stimuliert und im Zuge einer Stressreaktion während der Reisekrankheit vermehrt ausgeschüttet wird.
Antihistaminika gibt es in verschiedenen Darreichungsformen. Neben Tabletten gibt es Kaugummis, die den Wirkstoff beinhalten. Der Vorteil der Kaugummis liegt darin, dass der Stoff direkt via Mundschleimhaut aufgenommen werden kann und nicht erst den Umweg über den Verdauungstrakt nehmen muss. Außerdem fördert das Kauen den Druckausgleich im Innenohr und hat damit einen positiven Effekt auf den Gleichgewichtssinn. Es ist zu beachten, dass Antihistamine sehr müde machen, wodurch Tabletten, die höher dosiert sind, eine stärkere Schläfrigkeit als Kaugummis hervorrufen können.
Müdigkeit tritt bei Reisekrankheit als Symptom auf und ist mit der Überforderung des Sinnessystems zu erklären. Das Nachgeben des Schlafdrangs kann Betroffenen Linderung verschaffen. Zum einen vergeht beim Schlafen die Reisezeit gefühlt schneller und zum anderen bewahren Sie sich vor weiteren irritierenden Eindrücken, denn beim Schlafen ruht auch der Gleichgewichtssinn. Und wenn Sie nicht schlafen können: Bereits das Schließen der Augen und das ruhige Anlehnen des Kopfes haben einen positiven Effekt.
Ein weiteres Mittel gegen Reiseübelkeit ist Ingwer. Er bringt Erleichterung bei Übelkeit, Erbrechen und Schwindel. Kauen Sie dafür einfach während der Fahrt ein wenig getrocknete Ingwerwurzel. Ein paar Tage vor Reiseantritt schneiden Sie einige Scheiben von der Wurzel ab und lassen sie an einem luftigen Platz trocknen. Alternativ können Sie auch auf Ingwerbonbons, frisch aufgebrühten Ingwertee und kandierten Ingwer zurückgreifen.
In der Traditionellen Chinesischen Medizin (TCM) hat sich bei Reiseübelkeit der Akupressurpunkt Neiguan (chinesisch: „innerer Pass“) ebenfalls bewährt. Die Stelle befindet sich auf der Handgelenksinnenseite zwei Daumenbreiten von der Handgelenksbeugefalte entfernt, liegt zwischen den beiden Beugesehnen und sollte durch Druck mit dem Daumen für etwa ein bis zwei Minuten lang zunehmend stimuliert werden.[1] In Apotheken sind auch spezielle Armbänder erhältlich, die punktuell Druck auf den Neiguan ausüben und so unter Umständen die Reisekrankheit verhindern.
- Blick auf entfernte Fixpunkte richten (zum Beispiel den Horizont)
- frische Luft (draußen Pausen einplanen oder Fenster öffnen)
- Bewegung, den Kreislauf in Schwung bringen (ein paar Schritte im Gang)
- Essen, aber leichte Kost (Zwieback) und stille Getränke (wie Wasser und Tee)
- kein Alkohol vor und während der Reise
- auf konzentriertes Schauen und Lesen verzichten
- kauen von Pfefferminz-Kaugummis
Reiseübelkeit mit Homöopathie behandeln
Zur Behandlung oder Vorbeugung von Beschwerden bietet sich ebenfalls Homöopathie an. Das Grundprinzip ist „Gleiches mit Gleichem zu behandeln“. Das bedeutet, dass Substanzen, die bestimmte Krankheitssymptome hervorrufen, sehr stark verdünnt das Gegenteil, also Linderung bewirken können. Bei dieser Therapievariante von Reiseübelkeit haben sich besonders drei homöopathische Mittel bewährt: Cocculus, Petroleum und Tabacum.
- Cocculus D6 (Köckelskörner): Diese Substanz ist sowohl vorbeugend vor Reisebeginn als auch beim Aufkommen der Symptome einnehmbar. Es kann besonders gegen ausgeprägten Schwindel (beim Bewegen beziehungsweise Aufrichten), aber genauso bei Übelkeit und Kopfschmerzen helfen.
- Petroleum D12 (Stein-/Erdöl): Besteht trotz Übelkeit oder Schwindel noch Appetit und bringt Essen eine Besserung der Symptome, bietet sich die Behandlung mit Petroleum-Globuli an.
- Tabacum D6 (Tabakpflanze): Wenn sich die bereits bestehende Übelkeit in einer warmen, stickigen Umgebung (zum Beispiel in einem stark geheiztem Auto, in welchem geraucht wird) noch weiter verschlimmert und es dem Betroffenen elend geht, ist auf Tabacum zurückzugreifen.
Eingenommen werden die Substanzen in Form von kleinen, weißen Kügelchen, sogenannten Globuli, die in Apotheken erhältlich sind. Die Wirksamkeit von Homöopathie ist wissenschaftlich noch nicht bestätigt, dennoch lohnt es sich sicher, auch diese Behandlung bei Reisekrankheit in Betracht zu ziehen und für sich zu testen. Damit Sie die Beschwerden und die Furcht vor einer Reiseübelkeit nicht von einem Urlaub abhalten.
Was Sie noch interessieren könnte:
Was brauche ich in meiner Reiseapotheke?