Kochen als Ersatzbefriedigung
Dabei kochen Magersüchtige paradoxerweise oft gerne und viel für die eigene Familie oder Freunde. Anderen werden wahre Festmahle aufgetischt, an denen die Magersüchtigen aber nicht teilnehmen. Die Betroffenen sind oft umso zufriedener, je satter die eigene Familie ist, denn so wird eine Ersatzbefriedigung für den eigenen Hunger geschaffen.
Patientin Doris S. 33, (38,5 kg):
„Vor ein paar Monaten habe ich mir wieder eine Waage gekauft. Seither ist es wieder da. Ich verbiete mir das Essen, weil ich mich leistungsfähiger fühle, wenn ich nicht esse. Für die Familie koche ich gerne leckere Sachen, aber selbst davon essen tue ich nicht. Ich habe zwei Seiten in mir. Die eine Seite will damit fertig werden, aber die andere lässt es nicht zu. Mit dem Essen habe ich schon immer lange gebraucht. Als Kind soll ich an einem Stück Brot stundenlang gegessen haben.“
Wenn sie auf die Krankheit angesprochen werden, reagieren die Betroffenen typischerweise abweisend und uneinsichtig. Therapeuten vermuten, dass das daran liegt, dass sich die Patienten mit der Magersucht eine in ihren Augen annehmbare Lösung für eine innere Druck- oder Konfliktsituation geschaffen haben. Die Betroffenen wollen nicht, dass ihnen diese Lösung wieder abhanden kommt, schon gar nicht durch Druck von anderen. Parallel zur Magersucht entwickeln sich häufig Depressionen oder [Lexikon: Angstneurosen; Angstneurose], wobei nicht geklärt ist, ob es sich dabei um Mitverursacher oder Auswirkungen der Krankheit handelt.