Zytostatika Anwendung

auch bezeichnet als: Krebsmittel

Im Folgenden erfahren Sie mehr über die Anwendungsgebiete der Wirkstoffgruppe Zytostatika und die jeweils zur Anwendung kommenden Wirkstoffe.

Die Zytostatika bilden mit den Antibiotika die große Gruppe der Chemotherapeutika. Alle Chemotherapeutika hemmen das Wachstum und die Vermehrung von Zellen. Die Wirkung der Antibiotika richtet sich größtenteils gegen körperfremde Zellen. Nur wenige können auch zu den Zytostatika zählen, die das Wachstum und die Vermehrung von körpereigenen Zellen blockieren. Auch Krebszellen sind körpereigene Zellen - daher werden Zytostatika neben Operation und Strahlentherapie als eine der drei schulmedizinischen Behandlungsmethoden von Krebserkrankungen eingesetzt. Man spricht dann auch von "Chemotherapie".

Die Gruppe der Zytostatika umfasst viele sehr unterschiedliche Wirkstoffe, die sich folgendermassen gliedern lassen:
  • Antimetabolite:
    Diese Substanzen verdrängen und ersetzen natürliche Stoffwechselbausteine in den Krebszellen. Es kommt zu Fehlfunktionen und der Blockade lebenswichtiger Enzyme der Krebszelle. Zu den Antimetaboliten zählen beispielsweise Methotrexat, Cladribin, Fludarabin, Mercaptopurin, Tioguanin, Pentostatin, Cytarabin, Fluorouracil sowie die beiden zur Wirkstoffgruppe der Antagonisten von Purin- und Pyrimidin-Basen gehörigen Substanzen Capecitabin und Gemcitabin. Die ersten sieben Wirkstoffe werden hauptsächlich bei verschiedenen Formen des Blutkrebs (Leukämie) eingesetzt. Fluorouracil und Capecitabin dienen der Behandlung von Dick- und Enddarmkrebs, Brustkrebs und Tumoren an der Speiseröhre, der Leber, dem Kopf, Hals und der Harnblase. Gemcitabin wird vor allem bei Krebs der Bauchspeicheldrüse angewendet.
  • Alkylierende Zytostatika:
    Alkylierende Zytostatika sind Wirkstoffe, die sich mit den kleinen Bausteinen des Erbguts, den so genannten Nukleotiden, chemisch verbinden. Sie machen die zur Teilung einer Zelle nötige Verdoppelung des Erbguts unmöglich und unterbinden somit die Zellvermehrung. Zu dieser Untergruppe gehören Cyclophosphamid, Ifosfamid, Trofosfamid, Thiotepa, Busulfan, Treosulfan, Carmustin, Lomustin, Nimustin, Procarbazin, Dacarbazin und die Platinverbindungen Cisplatin, Carboplatin sowie Oxaliplatin.
    Die ersten drei Substanzen werden bei vielen verschiedenen Krebsformen eingesetzt, wobei Trofosfamid eher der Behandlung im Endstadium dient, da es nicht heilen kann und nur die mit dem Krebs verbundenen Beschwerden lindert (Palliativtherapie). Thiotepa wird nur bei oberflächlichen Tumoren der Harnblase eingesetzt, Busulfan bei Blutkrebs (chronisch myeloischer Leukämie), Treosulfan bei Eierstockkrebs im Endstadium. Carmustin, Lomustin sowie Nimustin dienen vor allem der Behandlung von Hirntumoren. Mit Procarbazin und Dacarbazin behandelt man den Lymphdrüsenkrebs Morbus Hodgkin, der oft bei AIDS-Kranken auftritt. Ein breites Einsatzgebiet haben die Platinverbindungen. Sie werden bei Tumoren an Eierstöcken und Gebärmutter, an Prostata und Hoden, Harnblase, Bronchien und Schleimhäuten, an Kopf und Hals eingesetzt.
  • Topoisomerase-Hemmstoffe:
    Topoisomerasen sind Enzyme, die am Erbgut angreifen und die Vermehrung der Zellen ermöglichen. Blockiert man die Topoisomerasen der Krebszellen durch entsprechende Hemmstoffe, wird das Tumorwachstum unterbrochen. Zu den Topoisomerase-Hemmern gehören Topotecan, Irinotecan, Etoposid, und Teniposid. Topotecan wird vor allem bei Eierstockkrebs gebraucht, Irinotecan bei Dick- und Enddarmkrebs. Etoposid dient der Behandlung vieler verschiedener Krebsformen, beispielsweise Hoden-, Bronchien- sowie Blutkrebs. Teniposid wird bei Lymphdrüsenkrebs, bei Hirn- und Harnblasentumoren eingesetzt.
  • Mitosehemmstoffe:
    Die Mitose ist der Moment im Lebenslauf einer Zelle, an dem sich der Kern in zwei Abbilder seiner selbst kopiert und teilt. Nur so ist es möglich, dass zwei neue Zellen mit genau dem gleichen Kern entstehen. Verschiedene Zytostatika unterdrücken diesen Prozess und hemmen dadurch die Zellvermehrung. Dazu gehören viele Pflanzenstoffe oder Abkömmlinge von ihnen. So die Vinca-Alkaloide aus dem Madagaskar-Immergrün, also Wirkstoffe wie Vinblastin, Vincristin und Vinorelbin. Einsatzgebiet für Vinblastin sind Lymphdrüsentumoren und das Kaposi-Sarkom bei AIDS. Das aggressivere Vincristin wird bei Blutkrebs, schwarzem Hautkrebs (Melanom), Brustkrebs und Gehirntumoren eingesetzt. Auch mit Vinorelbin behandelt man Brustkrebs sowie Bronchialtumore.
    Eine weitere Untergruppe von Pflanzenwirkstoffen sind die Taxane aus der Eibe. Es gehören dazu das Paclitaxol und Docetaxel. Paclitaxol dient der Behandlung von Eierstock- und Brustkrebs sowie schwarzem Hautkrebs und Kaposi-Sarkomen. Docetaxel hat sich bei Brustkrebs bewährt und wird auch bei Bronchialkrebs verwendet.
  • Antibiotika:
    Manche Antibiotika, die wegen ihrer schlechten Verträglichkeit nicht bei Infektionen eingesetzt werden, haben sich in der Krebstherapie bewährt. Dazu gehören Dactinomycin, Daunorubicin, Doxorubicin, Idarubicin, Epirubicin, Bleomycin, Mitoxantron und Amsacrin. Dactinomycin wird bei Tumoren der Gebärmutterschleimhaut, Hoden, Nieren und des Knochenmarks sowie bei Muskelkrebs im Kindesalter angewendet. Daunorubicin, Doxorubicin, Idarubicin und Epirubicin werden vor allem bei Blutkrebs (akuter myeloischer oder lymphatischer Leukämie) eingesetzt, sind aber teilweise auch bei Karposi-Sarkom und anderen Krebsformen wirksam. Bleomycin wird vor allem bei Hoden- und Lymphdrüsenkrebs, aber auch Haut- und Schleimhauttumoren verwendet. Mit Mitoxantron und Amsacrin behandelt man insbesondere Blutkrebs, Mitoxantron ist auch bei Lymphdrüsen- und Brustkrebs geeignet.
  • Biologische Zytostatika:
    Mit dem ständig zunehmenden Verständnis der Vorgänge bei Entstehung und Wachstum von Krebs wurden nach und nach Stoffe entwickelt, die in diese Abläufe ähnlich wie die körpereigene Abwehr eingreifen. Damit sind vor allem so genannte Antikörper und Zytokine gemeint, die zu den Immunologika gehören:
    • Von den Antikörpern sind heute sechs für die Krebstherapie verfügbar: Rituximab gegen bestimmte Lymphdrüsenkrebs-Arten, Trastuzumab gegen Brustkrebs, Alentuzumab gegen eine Blutkrebsform (chronische lymphatische Leukämie), Cetuximab gegen Krebs des Dick- und Enddarms, Bevacicumab gegen verschiedene Krebsformen und Ibritumomab-Tiuxetan gegen Lymphdrüsenkrebs. Der letzte Wirkstoff ist eine absolute Neuheit, die Kombination eines Antikörpers mit einem radioaktiven Atom, dem Yttrium.
    • Von den Zytokinen werden heute bei Tumoren folgende fünf therapeutisch genutzt: Aldesleukin gegen Nierenkrebs und schwarzen Hautkrebs, Interferon-alpha 2a und Interferon-alpha 2b gegen bestimmte Blutkrebsformen (Haarzell-Leukämie), Lymphdrüsenkrebs, Nieren- und schwarzen Hautkrebs, Interferon-beta gegen Tumoren im Nasen-Rachen-Raum, Tumornekrosefaktor (TNF) gegen Weichteil- und Muskelkrebs.
  • Sonstige Zytostatika:
    Zu dieser Gruppe gehören Asparaginase (gegen bestimmte Blutkrebs- und Lymphdrüsenkrebsformen), Imatinib (bei chronischer myeloischer Leukämie), Hydroxycarbamid (gegen schwarzen Hautkrebs und Blutkrebs), Miltefosin (zur äußerlichen Behandlung von Hautkrebs-Metastasen von Brusttumoren) und Tretinoin (nur für eine bestimmte Form des Blutkrebses, die akute Promyelozytenleukämie, zugelassen).
Für die Behandlung von Krebserkrankungen sind auch Wirkstoffe zugelassen, die streng genommen keine Zytostatika sind, aber wie diese das Wachstum und die Vermehrung von Krebszellen hemmen:
  • Isotopen:
    Isotopen sind radioaktive Atome wie radioaktiver Phosphor oder radioaktives Jod. Die Strahlung dieser Wirkstoffe reicht allerdings nur wenige Millimeter weit. So werden die genannten Isotopen als ganz gezielte Form der Strahlentherapie eingesetzt. Da Phosphor in Form von Phosphat-Salzen vor allem in die Knochen eingebaut wird, behandelt man damit Blutkrebs, bei dem alle Blutzellen vermehrt sind (Polyzythämie). Jod, das fast nur in die Schilddrüse eingebaut wird, dient der Behandlung von Tumoren dieses Organs.
  • Hormone und Hormon-Gegenspieler (Antagonisten):
    Diese Wirkstoffe sind eigentlich keine Zytostatika. Sie können aber mit Erfolg bei solchen Krebsformen eingesetzt werden, deren Wachstum hormonabhängig ist. Es kommen in diesem Sinne folgende Substanzen zum Einsatz:
    • Hypothalamushormone wie das Buserelin, Goserelin, Leuprorelin und Triptorelin unterdrücken die männlichen Sexualhormone und hemmen damit das Wachstum von Hoden- und Prostatakrebs.
    • Von den Östrogenen wird Estramustin als Gegenspieler der männlichen Hormone bei Prostatakrebs eingesetzt.
    • Antiöstrogene (wie das Tamoxifen) und Aromatasehemmer heben die Wirkung der Östrogene auf beziehungsweise verhindern die Bildung der weiblichen Hormone. Beide Wirkstoffgruppen werden zur Behandlung von Brustkrebs bei Frauen eingesetzt. Auch der sehr seltene männliche Brustkrebs kann mit Aromatasehemmern behandelt werden.
    • Antiandrogene sind Gegenspieler der männlichen Sexualhormone und werden daher zur Behandlung des Prostatakrebses benutzt.
    • Gestagene wie Megestrolacetat und Medroxyprogesteronacetat dienen der Behandlung des fortgeschrittenen Krebses der Gebärmutterschleimhaut und der Brust.
  • Glukokortikoide:
    Auch diese Wirkstoffe sind eigentlich keine Zytostatika. Doch können sie das Zellwachstum bei Blutkrebs (akuter lymphatischer Leukämie), Lymphdrüsenkrebs, Gehirn- und Brustkrebsformen verlangsamen.