Mutterkornalkaloide Anwendung

auch bezeichnet als: Secale-Alkaloide; Ergotalkaloide

Im Folgenden erfahren Sie mehr über die Anwendungsgebiete der Wirkstoffgruppe Mutterkornalkaloide und die jeweils zur Anwendung kommenden Wirkstoffe.

Mutterkornalkaloide sind Naturstoffe, die vom Pilz Claviceps purpurea gebildet werden. Der Pilz selber wächst auf Getreideähren. Von den Getreidearten werden vor allem Roggen, Gerste und Triticale (eine besondere Roggenform) befallen, seltener Weizen. Befallenes Getreide mit den durch den Pilz stark vergrößerten und geschwärzten "Mutterkörnern" darf nicht mehr der Nahrungsmittelproduktion dienen. Nimmt man Mutterkorn oft oder in größeren Mengen zu sich, kommt es zu Vergiftungen. Die Anzeichen einer akuten Mutterkornvergiftung sind Übelkeit, Kopfschmerzen, Krämpfe, Gefühllosigkeit in Armen und Beinen, Gebärmutterkrämpfe und Fruchtabgänge. Eine Aufnahme von fünf bis zehn Gramm Mutterkorn kann bei entsprechendem Alkaloidgehalt für Erwachsene tödlich sein. An Mutterkornvergiftung starben im Mittelalter Hunderttausende von Menschen. Roggen war das vorherrschende Brotgetreide, das bei Missernten zu einem Viertel bis zur Hälfte aus Mutterkörnern bestehen konnte.

Für die Medizin stellen die aus Mutterkorn stammenden Alkaloide trotz ihrer Giftigkeit eine wichtige Wirkstoffgruppe dar. Man bedient sich sowohl der natürlichen Formen der Substanzen als auch ihrer chemischen Abkömmlinge. Die Wirkungen sind sehr vielfältig, deshalb werden Mutterkornalkaloide bei unterschiedlichen Erkrankungen eingesetzt:
  • Bei niedrigem Blutdruck, Ohnmachtsanfall und Herz-Kreislaufbeschwerden kommt überwiegend der Wirkstoff Dihydroergotamin zum Einsatz.
  • Zur Therapie von Bluthochdruck wird ein Alkaloid-Gemisch unter dem Namen Dihydroergotoxin verwendet.
  • In der Therapie von Kopfschmerzen und Migräne spielt der Wirkstoff Ergotamin eine wichtige Rolle. Er wird sowohl zur Behandlung als auch zur Prophylaxe eingesetzt. Da er aber bei zu langer Einnahme selber migräneartige Kopfschmerzen und Durchblutungsstörungen auslösen kann, ist er nur Mittel der zweiten Wahl.
  • Andere Mutterkornalkaloide wie Cabergolid, Bromocriptin, Dihydroergocryptin, Lisurid und Pergolid werden bei der Behandlung der Parkinsonkrankheit angewandt.
  • Bromocriptin setzt man außerdem bei der krankhaft vermehrten Bildung des Hormons Prolactin ein. Der Prolactinüberschuss kann zum Beispiel während und nach der Stillzeit zu einem übermäßigen Milchfluss führen.
  • Ein weiteres Anwendungsgebiet des Mutterkornalkaloids Bromocriptin ist die Akromegalie, eine Erkrankung, bei der sich Nase, Ohren, Hände und Füße vergrößern und bei der es zu einer Vergröberung der Gesichtszüge kommt.
  • Auch beim Restless legs-Syndrom, einer neurologischen Erkrankung mit Gefühlsstörungen und Bewegungsdrang in den Beinen, werden Mutterkornalkaloide zur Behandlung verwendet.
  • Schließlich wirken Mutterkornalkaloide wie Methylergometrin auch auf die Muskulatur der Gebärmutter. Von dieser medizinischen Anwendung stammt auch der Name der Substanzgruppe. Mutterkornalkaloide führen dazu, dass sich die Gebärmutter zusammenzieht. Sie werden deshalb bei Frauen nach der Entbindung eingesetzt, wenn sich die Gebärmutter nicht - wie erwartet - zusammengezogen hat. Wegen dieser Wirkung auf die Gebärmutter dürfen Wirkstoffe aus der Substanzgruppe der Mutterkornalkaloide vor und während der Geburt auf keinen Fall eingenommen werden. Es kann nämlich zu einer Unterversorgung des Kindes mit Blut und Nährstoffen kommen.