Isoniazid + Pyrazinamid + Rifampicin Wechselwirkungen

Rifampicin beschleunigt das arzneimittelabbauende System der Leber (Cytochrom-System P450). Das vermindert oder verkürzt die Wirkung anderer Stoffe, die ebenfalls über dieses Enzymsystem abgebaut werden. Isoniazid hemmt hingegen das arzneimittelabbauende System der Leber. Im Allgemeinen sind die Auswirkungen dieser gegensätzlichen Effekte von Rifampicin und Isoniazid auf andere Stoffe, die auch über dieses Enzymsystem verstoffwechselt werden, unbekannt. Deshalb sind ärztliche Überprüfungen von deren Wirkung und gegebenenfalls Dosisanpassungen erforderlich.
Zu den betroffenen Stoffen, deren Stoffwechsel beschleunigt und Wirkung vermindert werden kann, gehören beispielsweise:
  • Antikoagulanzien (Blutgerinnuungshemmer) vom Cumarin-Typ sowie Warfarin. Die Wirksamkeit kann durch die Rifampicin-Therapie vermindert sein. Eine Dosisanpassung der Blutgerinnungshemmer zu Beginn und nach Ende der Therapie ist notwendig. Es kann zu einer verstärkten Blutungsneigung kommen, weshalb eine regelmäßige Kontrolle der Quick-Werte, insbesondere bei Absetzen der Therapie, erforderlich ist. Dies ist deshalb zu empfehlen, da ohne Korrektur der eventuell zu hohen Blutgerinnungshemmer-Dosierung ein erhöhtes Blutungsrisiko besteht.
  • Antidiabetika (Mittel zur Behandlung der Zuckerkrankheit) wie die Sulfonylharnstoffe und die Glitazone. Rifampicin kann durch einen beschleunigten Abbau die blutzuckersenkende Wirkung von Antidiabetika vom Sulfonylharnstoff-Typ abschwächen. Eine Kontrolle der Werte und eine eventuelle Neufestsetzung der Dosis der Antidiabetika durch den Arzt ist zu empfehlen. Die gleichzeitige Gabe von Pyrazinamid und blutzuckersenkenden Mitteln führt zu einer beschleunigten Blutzuckersenkung. Die Patienten müssen deshalb regelmäßig ärztlich überwacht werden.
  • Behandlung mit Sexualhormonen und Östrogen-Gestagen-Kombinationen zur Schwangerschaftsverhütung (Norethisteron, Mestranol, Ethinylestradiol). Durch Rifampicin ist die Sicherheit der empfängnisverhütenden Wirkung von hormonalen Kontrazeptiva (umgangssprachlich der "Pille") in Frage gestellt. Die Patientin sollte daher zusätzliche nichthormonelle empfängnisverhütende Maßnahmen wie beispielsweise Kondome anwenden. Abweichungen bei der Regelblutung sind ebenfalls möglich.
  • Glukokortikoide (unter anderem zur Behandlung von Asthma) wie Kortisol, Methylprednisolon und Prednisolon. Bei Asthma-Patienten kann durch die verminderte Wirkung der Glukokortikoide der Behandlungserfolg beeinträchtigt werden. Bei Patienten mit Morbus Addison (eine Nebennierenrindenschwäche) kann es zu einer lebensgefährlichen Krise mit Blutdruckabfällen bis zum Koma kommen. Deshalb sollten diese Patienten nicht mit der Kombination behandelt werden.
  • Herzglykoside zur Behandlung von Herzmuskelschwäche wie Digitoxin und Digoxin. Die Therapie mit Rifampicin kann die Wirkung dieser Stoffe mindern. Von der Wirkungsminderung besonders betroffen sind Patienten mit eingeschränkter Nierenfunktion. Es empfiehlt sich, die Digoxin- und Digitoxin-Wirkspiegel ärztlich zu kontrollieren.
  • Betablocker (gegen Bluthochdruck) wie Bisoprolol, Metoprolol und Propranolol. Die Therapie mit Rifampicin führt zu einem bedeutsamen Abfall der Blutwirkstoffkonzentrationen. Bei gleichzeitiger Rifampicin-Gabe ist die Notwendigkeit einer Dosiserhöhung durch eine von Beginn an engmaschige Überwachung des erwünschten klinischen Effektes der Beta-Rezeptorenblocker durch den Arzt auszuschließen.
  • Antiarrhythmika (Mittel gegen Herzrhythmusstörungen) wie Chinidin, Disopyramid, Mexiletin, Phenytoin, Propafenon und Tocainid. Durch Rifampicin kommt es zu einem beschleunigten Wirkungsverlust. Deshalb ist eine ärztliche Herzrhythmuskontrolle notwendig. Eine Erhöhung der Einzeldosis oder eine Verkürzung des Zeitraums zwischen den Dosierungen ist gegebenenfalls erforderlich.
  • gegen AIDS wirksame Medikamente (Zidovudin, Saquinavir, Indinavir, Efavirenz. Die gleichzeitige Einnahme von Rifampicin und Zidovudin, Efavirenz oder HIV-Proteasehemmern kann eine bedeutende Wirkungsabschwächung dieser Mittel bewirken. Eine Dosisanpassung dieser Wirkstoffe sollte deshalb vom Arzt durchgeführt werden.
  • Methadon zur Drogenersatz-Therapie. Durch Rifampicin können Entzugsbeschwerden auftreten.
  • Vitamin D und seine Abbauprodukte. Eine Behandlung mit Rifampicin kann sogar die körpereigene Produktion des Vitamins hemmen. Daher wird der Arzt meist vorsorglich Vitamin D zur Rifampicin-Behandlung verschreiben, um bei Patienten mit einem Vitamin D-Mangel ein erhöhtes Risiko für eine Knochenerweichung bei Erwachsenen (Osteomalazie) zu vermeiden.
  • Immunologika zur Unterdrückung zum Beispiel von Gewebeabstoßungen nach Transplantationen wie Azathioprin, Cyclosporin oder Tacrolimus. Die Wirksamkeit von Cyclosporin, Azathioprin oder Tacrolimus kann abgeschwächt werden. Es besteht das Risiko einer Abstoßung des übertragenden Organs.
  • Clofibrat gegen Fettstoffwechselstörungen. Rifampicin kann die Clofibrat-Blutwirkstoffkonzentration absenken und dadurch dessen Wirkung vermindern.
  • das Lepra-Mittel Dapson. Rifampicin führt zu einer beschleunigten Ausscheidung von Dapson. Diese ist aber wahrscheinlich für das gesamte Beschwerdebild eines Patienten nicht von Bedeutung.
  • Antiepileptika (Mittel gegen Epilepsie) wie Phenytoin, Primidon, Phenobarbital und Carbamazepin. Durch die gleichzeitige Gabe von Rifampicin kommt es zu einer starken Beschleunigung des Phenytoin-Abbaus. Auch wenn bislang keine Auswirkungen einer derartigen Wechselwirkung beschrieben wurden, ist denkbar, dass durch die verminderten Phenytoin-Blutserumspiegel epileptische Anfälle auftreten können.

    Andererseits verzögert Isoniazid den Abbau von Phenytoin. Dadurch kommt es zur Anhäufung von Phenytoin bei der Dauerbehandlung von Epileptikern. Eine Überwachung des Phenytoin-Serumspiegels ist notwendig.

    Isoniazid hemmt den Primidon- und Phenobarbital-Abbau. Dadurch kommt es bei gleichzeitiger Gabe von Isoniazid und Antiepileptika zu einer starken Sedierung, das bedeutet der Beruhigungseffekt dieser Mittel wird verstärkt. Eine ärztliche Kontrolle der Blutwirkstoffkonzentrationen ist notwendig.

    Ebenso tritt durch Isoniazid eine Hemmung des Abbaus von Carbamazepin auf.
  • Calciumkanalblocker (zur Behandlung von Bluthochdruck) wie Verapamil. Die gleichzeitige Gabe von Rifampicin kann zu einer Wirksamkeitseinbuße von Verapamil führen.
  • Barbiturate (Narkosemittel) wie Hexobarbital. Der Wirkungseintritt von Barbituraten kann beschleunigt werden.
  • das Asthma-Mittel Theophyllin. Hier liegen teils widersprüchliche Ergebnisse über eine fehlende beziehungsweise vorhandene Beeinflussung durch eine Rifampicin-Therapie vor. Es wird aber beschrieben, dass der Theophyllin-Abbau beschleunigt und dessen Blutkonzentration erniedrigt sein kann. Eine Dosisanpassung durch den Arzt ist möglicherweise erforderlich. Die Theophyllin-Blutkonzentrationen sollten regelmäßig ärztlich kontrolliert werden, insbesondere nach Absetzen von Rifampicin.
  • Antibiotika wie Chloramphenicol. Rifampicin kann die Chloramphenicol-Blutkonzentration so weit senken, dass ein wirksamer Behandlungseffekt nicht mehr gegeben ist.
  • Mittel gegen Pilzerkrankungen wie Ketoconazol, Fluconazol oder Itraconazol. Vorsicht ist bei der gleichzeitigen Gabe von Rifampicin mit einem dieser Wirkstoffe geboten. Nach den bisher vorliegenden Befunden können die Blutkonzentrationen dieser Pilzmittel so weit sinken, dass ein wirksamer Behandlungseffekt nicht mehr gegeben ist. Ebenfalls wurde bei einem Patienten beobachtet, dass Ketoconazol die Wirkung von Rifampicin abschwächt.
  • das Gicht-Mittel Probenecid führt möglicherweise zu erhöhten Rifampicin-Blutkonzentrationen.
  • das Antibiotikum Cotrimoxazol. Durch die gleichzeitige Gabe von Cotrimoxazol kann es zu einer Verminderung des Rifampicin-Abbaus im Körper kommen, was die Konzentration von Rifampicin im Blut erhöht. Dies kann mathematisch mit der so genannten AUC/Area Under The Curve berechnet werden, die sich in diesem Fall vergrößert.
  • Die Hormone Adrenalin und Noradrenalin (beide aus der Gruppe der Sympathikomimetika). Isoniazid kann die Nebenwirkungen dieser Sympathikomimetika verstärken.
  • Zusammen mit dem Tuberkulosemittel Protionamid oder Ethionamid können durch Isoniazid Erkrankungen auftreten wie Psychosen, Entzündungen der Haut aufgrund von Lichtreizen und Zustände, die der Pellagra ähneln. Pellagra ist ein Krankheitsbild, das aufgrund des Mangels an Vitamin B3 (Niacin) und Vitamin B6 entsteht. Symptome der Pellagra sind Durchfall, Hautentzündungen und Demenz.
  • Alkohol. Isoniazid verstärkt die Wirkung von Alkohol. Während der Therapie mit der Wirkstoffkombination ist dieser daher zu meiden.
  • Bei Atropin (Mittel zur Behandlung von Asthma) erhöht Isoniazid dessen Giftigkeit.
  • Säurebindende Mittel (zum Beispiel Aluminiumhydroxid-Gel) vermindern die Aufnahme von Rifampicin und von Isoniazid in den Körper. Die Wirkstoffkombination sollte mindestens eine Stunde vor Einnahme des Säurebinders erfolgen.
  • das Galle-Mittel Chenodeoxycholsäure schwächt die Isoniazid-Wirkung, denn es fördert die Ausscheidung von Isoniazid.
  • Isoniazid hebt die Wirkung von Chloroquin (Mittel gegen Malaria) auf, was bei gleichzeitiger Behandlung von Tuberkulose und Malaria vom Arzt beachtet werden sollte.
  • Zu einer verstärkten Wirkung kommt es mit dem Neuroleptikum (Nervendämpfungsmittel) Chlorpromazin, weil es den Abbau von Isoniazid hemmt. Eine ärztliche Überwachung der Blutkonzentration von Isoniazid ist daher notwendig.
  • Cycloserin gegen Tuberkulose kann bei gleichzeitiger Anwendung von Isoniazid Störungen im zentralen Nervensystem wie Schwindel, Schläfrigkeit sowie andere ZNS-Störungen hervorrufen.
  • das Alkoholentwöhnungsmittel Disulfiram. Bei einer gleichzeitigen Gabe von Isoniazid und Disulfiram können aufgrund von Einflüssen auf den Dopamin-Stoffwechsel Psychosen und Störungen der Bewegungskoordination auftreten. Von einer gleichzeitigen Behandlung der Wirkstoffkombination und Disulfiram ist abzuraten.
  • Insulin gegen Zuckerkrankheit. Die gleichzeitige Gabe von Insulin verstärkt die Aufnahme im Körper von Isoniazid.
  • mit Salicylaten oder Para-Aminosalicylsäure kommt es zu einer verstärkten Wirkung von Isoniazid, weil sie den Abbau von Isoniazid hemmen.
  • Nahrungsmittel. Da Isoniazid zu einer Hemmung der Monoaminoxidase (ein Funktionseiweiß, was unter anderem Stresshormone, Serotonin und Tyramin abbaut) führen kann, besteht die Möglichkeit von Wechselwirkungen mit Nahrungsmitteln, die Tyramin enthalten (wie Käse, Rotwein). Darüber hinaus können verstärkte Reaktionen wie Kopfschmerzen, Schweißausbrüche, Herzklopfen, plötzliche Gesichtsröte und Blutdruckabfall durch Nahrungsmittel ausgelöst werden, die Histamin enthalten (wie Thunfisch und andere tropische Fische). Nahrungsmittel, die Tyramin oder Histamin enthalten, sollten daher während der Behandlung mit der Wirkstoffkombination vermieden werden.

    Bei Einnahme der Wirkstoffkombination nach einer Mahlzeit kann es neben einer Aufnahmeverzögerung auch zu einem Aufnahmeverlust kommen. Um eine optimale Aufnahme im Körper zu gewährleisten, wird empfohlen, die Wirkstoffkombination auf nüchternen Magen, ungefähr eine Stunde vor den Mahlzeiten einzunehmen.
Zu unerwünschten Wechselwirkungen mit Pyrazinamid kann es in Kombination mit folgenden Wirkstoffen kommen: Acetylsalicylsäure (ein Schmerzmittel), Ascorbinsäure (Vitamin C) und Jodhaltige Kontrastmittel sowie Gichtmittel und andere Mittel, welche die Ausscheidung von Harnsäure beeinflussen. Daher müssen Patienten, die mit Gichtmitteln behandelt werden häufiger ärztlich kontrolliert überwacht werden.

Bei Stoffen mit enger therapeutischer Breite ist nach Beginn und nach Absetzen einer Therapie mit der Wirkstoffkombination die Dosierung der genannten Wirkstoffe vom Arzt anzupassen.

Neben den oben genannten Wechselwirkungen wird über einen gesteigerten Abbau und eine möglicherweise verminderte Wirksamkeit bei gemeinsamer Verabreichung von Rifampicin und folgenden Arzneistoffen berichtet: Durch gleichzeitige Gabe von Rifampicin können sonst unschädliche Dosen von Paracetamol (ein Schmerzmittel) Leberschäden hervorrufen.

Bei gleichzeitiger Gabe der Wirkstoffkombination mit den AIDS-Medikamenten Ritonavir und Saquinavir wird das Risiko für eine Lebervergiftung erhöht. Deshalb ist die gleichzeitige Gabe der Wirkstoffkombination zusammen mit diesen Wirkstoffen verboten (siehe Gegenanzeigen).

Außerdem können Laborwerte beeinflusst werden. Rifampicin schwächt manche Diagnosemittel in ihrer Wirkung und verfälscht Laborwerte:
  • Bestimmungen von Vitamin B 12 und Folsäure mit mikrobiologischen Methoden sind nicht verwertbar.
  • Rifampicin kann die Ausscheidung des Diagnosemittels Bromsulfophtalein behindern und damit eine Leberfunktionsstörung vortäuschen. Der Bromsulfophtalein-Test zur Prüfung der Leberausscheidung kann daher während der Therapie mit Rifampicin nicht angewandt werden.
  • Rifampicin verursacht falsch-positive Ergebnisse bei Tests auf opioide Schmerzmittel und Rauschdrogen wie zum Beispiel Morphin und Heroin im Urin.
  • Rifampicin kann die Gallenausscheidung von Röntgenkontrastmitteln, die für die Gallenblasenuntersuchung verwendet werden, verzögern. Solche Untersuchungen sollten daher vor der morgendlichen Rifampicin-Dosis durchgeführt werden.
Pyrazinamid kann die Bestimmung der Bilirubin-Werte, der Harnsäure-Konzentration, der Prothrombinzeit, der ASAT- beziehungsweise der ALAT-Aktivitäten (bestimmte Leberfunktionswerte) und auch des Thyroxin-Spiegels (Schilddrüsenhormon) beeinflussen.

Bei Gabe der Wirkstoffkombination wurde eine vorübergehende Erhöhung der Blutbilirubinkonzentrationen beobachtet. Aus diesem Grunde sollte die Bilirubinbestimmung vor Einnahme des Medikaments erfolgen.