Zika-Virus und Guillain-Barré-Syndrom

Inhaltsverzeichnis
Guillain-Barré-Syndrom - das steckt dahinter
Zika-Virus - das steckt dahinter
Zika-Virus - bald auch in Deutschland?
Der Zusammenhang zwischen der Infektion mit dem Zika-Virus und der neurologischen Erkrankung Guillain-Barré-Syndrom (GBS) gilt jetzt als sehr wahrscheinlich, wie eine aktuelle Studie im Wissenschaftsmagazin „The Lancet“ zeigte. „Diese Verbindung ist tatsächlich nicht überraschend“, kommentiert die Neurologin Prof. Uta Meyding-Lamadé von der Deutschen Gesellschaft für Neurologie. „Das Zika-Virus zählt wie das Dengue-Virus zu den Flaviviren. Und das Guillain-Barré-Syndrom als Folge des Dengue-Fiebers ist gut bekannt“, so die Ärztliche Direktorin am Krankenhaus Nordwest in Frankfurt am Main.
Zika-Virus und Guillain-Barré-Syndrom – der Zusammenhang
Bekannt ist, dass das Guillain-Barré-Syndrom bei Erwachsenen nach akuten Infektionen auftreten kann, zum Beispiel dem Dengue-Fieber. Ein Zusammenhang zwischen dem GBS und einer Zika-Virusinfektion gilt jetzt als praktisch erwiesen. Hintergrund ist eine aktuelle Fall-Kontroll-Studie mit 42 Patienten mit GBS aus Französisch-Polynesien. Alle hatten eine Zika-Infektion durchgemacht, und es ließen sich Antikörper nachweisen. Die Studie legt erstmals einen deutlichen Zusammenhang zwischen dem Virus und der neurologischen Erkrankung nahe.
Das Guillain-Barré-Syndrom, das schwere Lähmungen zur Folge hat, trifft normalerweise nur ungefähr ein bis zwei von 100.000 Menschen. Rein rechnerisch hätten in Französisch-Polynesien mit etwa 270.000 Einwohnern also nur drei bis sechs Personen an GBS erkranken dürfen. Nach der rasanten Verbreitung des Zika-Virus waren es aber mehr als zehnmal so viele.
Die Weltgesundheitsorganisation WHO gibt nun Tipps für Ärzte und medizinisches Personal, um deren Wissen über das GBS aufzufrischen. Dazu zählen Schulungen, das diagnostische Vorgehen im Verdachtsfall, mögliche Komplikationen und Therapien.
Guillain-Barré-Syndrom – Angriff auf die Nerven
Das Guillain-Barré-Syndrom ist eine Erkrankung des peripheren Nervensystems, bei der es zu Lähmungserscheinungen und Gefühlsstörungen kommt, die meist in den Händen oder Füßen beginnen. Der Grund ist eine fehlgeleitete Immunreaktion: Körpereigene Abwehrmechanismen greifen die Hülle der Nerven oder die Membran der Nervenfasern an und schädigen diese. Die Ursachen für das GBS sind noch weitgehend unklar, meist tritt es jedoch nach einer Infektion auf. Als gesicherte auslösende Erreger gelten Campylobacter jejuni, Cytomegalieviren, EBV-Viren und Mycoplasma pneumoniae. Ein großes Spektrum weiterer Erreger wurde in Einzelfällen beschrieben. Jetzt scheint auch das Zika-Virus zur Liste der möglichen Auslöser des GBS zu gehören.
Guillain-Barré-Syndrom - so verläuft das GBS
Im Verlauf des Guillain-Barré-Syndroms entwickeln 35 bis 50 Prozent der Patienten eine Beteiligung der Hirnnerven, bei 15 bis 20 Prozent treten Atemprobleme (Ateminsuffizienz) und/oder vegetative Symptome (z.B. Schwindel, Herzklopfen) auf. Bis zu 50 Prozent leiden unter heftigen Nervenschmerzen ohne Empfindungsstörungen. 75 Prozent der Kinder sind auf dem Höhepunkt der Erkrankung nicht mehr frei gehfähig, 30 Prozent haben Lähmungen der vier Gliedmaßen (Tetraparese).
Nach einer bis mehreren Wochen erholen sich die Patienten allmählich wieder. Die Erholungsphase verläuft aber individuell sehr unterschiedlich. Bei einer großen Gruppe tritt eine rasche Besserung ein, bei weniger Patienten verläuft das Guillain-Barré-Syndrom sehr viel länger. Im Schnitt dauert es 66 Tage, bis die Symptome wieder verschwinden - es können aber auch bis zu 790 Tage sein.
Symptome einer Zika-Virus-Infektion
Eine Zika-Virus-Infektion verläuft oft asymptomatisch – die Betroffenen verspüren keinerlei Beschwerden. „Nur jeder Fünfte, der von einer mit Zika-Viren infizierten Mücke gestochen wird, infiziert sich“, sagt die Neurologin Meyding-Lamadé. Eine Untersuchung auf den pazifischen Yap-Inseln ergab, dass 63 Prozent der Bevölkerung Antigene gegen das Zika-Virus besaßen. Schwere Erkrankungen waren nicht aufgetreten. Die häufigsten Symptome der meist leicht verlaufenden Zika-Virus-Infektion sind Hautausschlag, Kopf-, Gelenk- und Muskelschmerzen, Bindehautentzündung und Fieber. Die Beschwerden verlaufen aber milder als bei anderen Tropenkrankheiten, die durch Mücken übertragen werden, etwa Gelbfieber oder Dengue-Fieber. Die Symptome entwickeln sich meist drei bis sieben Tage nach einem infektiösen Mückenstich und dauern bis zu einer Woche an. Eine Behandlung im Krankenhaus ist in der Regel nicht nötig.
Zika-Virus – Therapien und Schutz
Es gibt derzeit weder einen Impfstoff noch Medikamente, mit denen sich eine Zika-Virus-Infektion gezielt behandeln lässt. Bislang war das Zika-Virus kein Kandidat für die Impfstoffentwicklung, weil die meisten Infizierten nur mild erkrankt waren – bis zum jetzigen Zika-Ausbruch. „Die Entwicklung eines Impfstoffs ist sinnvoll“, betont Meyding-Lamadé. Nur die Symptome der Krankheit lassen sich mit schmerz- und fiebersenkenden Medikamenten, viel Ruhe und ausreichend Flüssigkeit lindern. Schützen können sich Menschen, die in Zika-Gebiete reisen, durch Mückenschutzmittel (Repellents), Moskitonetze, lange, helle Kleidung sowie geschlossene Türen und Fenster. „Man sollte den Mücken keine Angriffsfläche bieten“, empfiehlt Meyding-Lamadé. Außerdem sollten Reiserückkehrer aus Zika-Gebieten Kondome benutzen. Das Fazit der Neurologin: „Reisende sollten keine Panik vor dem Zika-Virus haben. Dengue- und Gelbfieber bergen erheblich höhere Gefahren.“