Heuschnupfen: Nicht-allergene Stoffe befeuern Immunreaktion

Mann mit Heuschnupfen: Auch Nicht-Allergen befeuern die Immunreaktion
Heuschnupfen: Auch Nicht-Allergen befeuern die Immunreaktion
Die Allergene in Pollen sind schon schlimm genug für Patienten mit Heuschnupfen. Doch auch andere Substanzen kurbeln die Immunreaktion an.

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Triefnase, tränende und geschwollen Augen, Atemwegsprobleme beim Spaziergang im Freien – Heuschnupfen ist für Betroffene kein Vergnügen. Lange hatte die Forscher bei Pollenallergien nur die Allergene im Blick – jene Bestandteile von Pollen, welche die Immunreaktionen auslösen. Doch jetzt fanden Wissenschaftler der Technischen Universität München (TUM) und des Helmholtz-Zentrums München heraus, dass auch nicht-allergene Stoffe die Immunreaktion ankurbeln können. Das Ergebnis lege nahe, die gängige Praxis bei der Behandlung von Allergien zu überdenken.

Heuschnupfen – auch nicht-allergene Stoffe zeigen Wirkung

In einer Pilotstudie hatten sie die Wirkung von Birkenpollen – sie fliegen verstärkt im April und Mai - auf Allergiker untersucht. Beim Kontakt mit der Nasenschleimhaut setzen Pollen nicht nur Allergene frei, sondern auch zahlreiche andere Stoffe. Der Hauptauslöser der Abwehrreaktion ist ein Protein namens Bet v 1, das Hauptallergen der Birke. Das Team um Prof. Claudia Traidl-Hoffmann von der TUM filterte die Stoffwechselprodukte von Birkenpollen so, dass nur noch nicht-allergene Substanzen mit besonders kleinen Molekülen in dem Extrakt enthalten waren. Mit einem Prick-Test wurden verschiedene Kombinationen aus Allergen und nicht-Allergenen auf der Haut von Pollen-Allergikern geprüft. Zudem verabreichten sie den Testpersonen einige der Mischungen auch über die Nase.

Das Ergebnis war eindeutig: Sowohl beim Prick-Test als auch bei der Aufnahme über die Nase waren die Reaktionen deutlich stärker, wenn nicht nur das Allergen, sondern zusätzlich auch die nicht-allergenen Stoffe verabreicht wurden. Wurden beide unter die Haut gebracht, bildeten sich besonders starke Rötungen und Quaddeln. Über die Nase aufgenommen sorgte die Mischung für starke Schleimbildung und der Körper der Testpersonen bildete zahlreiche Antikörper. Allergiker, die nur die nicht-allergenen Stoffe erhalten hatten, zeigten keine Reaktionen. Reaktion nicht nur bei Birken-Allergikern Auffällig war, dass das Extrakt aus Birkenpollen nicht nur bei Testpersonen eine Reaktion auslöste, die empfindlich auf das Birken-Allergen reagieren. Die Wirkung setzte auch bei Menschen ein, die gegen Gräserpollen allergisch waren und das entsprechende Allergen in Kombination mit dem Birkenpollen-Extrakt über die Nase verabreicht bekamen. Das lässt sich dadurch erklären, dass viele dieser Nicht-Allergene auch in anderen Pollen vorkommen. „Die entzündliche Wirkung dieser Bestandteile ist ein unspezifischer Effekt, der nicht mit einem bestimmten Allergen zusammenhängt“, sagt Claudia Traidl-Hoffmann. „Wir vermuten, dass sich sogar bei Nicht-Allergikern Effekte nachweisen lassen.“

In Birkenpollen-Extrakt sind gut 1000 verschiedene niedermolekulare Nicht-Allergene enthalten. Als Immunverstärker wurde in früheren Untersuchungen schon das Adenosin und verschiedene Fettsäuren ausgemacht. Zudem spielt auch das Zusammenspiel verschiedener Substanzen eine wichtige Rolle für das Entstehen und die Auswirkungen von Allergien. „Der menschliche Organismus ist komplex. Man kann nicht erwarten, dass die Ursache für die Entstehung von Allergien auf eine einzige Substanz herunterbrechen lässt“, erläutert Traidl-Hoffmann.

Pollenallergie – Hyposensibilisierung verändern?

Die Erkenntnis, dass auch nicht-allergene Substanzen in Pollen großen Einfluss auf die Reaktion des Körpers haben, könnte die Behandlung von Allergien nachhaltig verändern. Bei einer spezifischen Immuntherapie (Hyposensibilisierung) verabreichen Ärzte heute eine Flüssigkeit, die Pollen mit allen Bestandteilen enthält. Dadurch geraten auch Stoffe wie die in der aktuellen Studie untersuchten nicht-allergenen Substanzen in den Körper. „Derzeit schlagen nur 60 bis 70 Prozent der Hyposensibilisierungstherapien an“, sagt Claudia Traidl-Hoffmann. Ein Grund dafür könnten nicht-allergene, aber entzündungsfördernde Inhaltsstoffe sein, die sich negativ auf die Behandlung auswirken. Ein Ansatz zur Verbesserung der Therapie könnten Impflösungen mit biotechnologisch hergestellten Proteinen sein. Dadurch könnte man gezielt nur das Allergen verabreichen, damit sich der Körper daran gewöhnt. Eine Therapie mit solchen Proteinen wurde bisher nur für Menschen mit einer Bienen- und Wespengift entwickelt.