Smartphones – Kinder unter Stress
Immer erreichbar sein, immer in Verbindung stehen: Wenn das Handy nicht dabei ist, setzt bei Jugendlichen schnell ein ungutes Gefühl ein - es fehlt etwas. Smartphones sind unter Kindern und Jugendlichen weit verbreitet. Viele glauben, immer „on“ sein zu müssen und fühlen sich dadurch abgelenkt und gestresst. Die Angst, etwas zu verpassen, sei groß, ergab eine Studie der Universität Mannheim. „Wir sehen, dass sich da etwas dramatisch verändert hat“, sagt Dr. Jürgen Brautmeier, Direktor der Landesmedienanstalt NRW, die die Studie beauftragt hatte. Viele Eltern hätten bei der „Handy-Erziehung“ ihrer Kinder bereits resigniert.
Suchtgefahr Smartphone bei Kindern
Die Forscher untersuchten den Umgang und die Auswirkungen von Smartphones bei 500 Kinder und Jugendlichen. 64 Prozent der 8- bis 14-Jährigen konnten über das Handy oder Smartphone auf das Internet zugreifen. Bei den 13- und 14-Jährigen waren es schon 86 Prozent. Rund 21 Prozent der Befragten zeigten eine auffällig starke Bindung an ihr Smartphone. Dies äußerte sich unter anderem dadurch, dass sie ständig an das Mobiltelefon denken, es auf neue Nachrichten überprüfen oder zum unspezifischen Zeitvertreib nutzen. Acht Prozent von ihnen seien so stark involviert, dass sie "als suchtgefährdet bezeichnet werden müssen", sagt Prof. Peter Vorderer von der Uni Mannheim. Positiv zu bemerken sei: "Viele sind in der Lage, auch längere Zeit ohne das Handy oder Smartphone auszukommen", so Vorderer.
Smartphones – Kinder unter Stress
Die Kinder und Jugendlichen wurden auch befragt, welche Risiken der Smatphone-Nutzung sie selbst erleben. Demnach ließen sich gut 48 Prozent durch das Smartphone von den Hausaufgaben ablenken, was bei 20 Prozent zu Problemen bei den schulischen Leistungen führte. Gut 43 Prozent gaben unüberlegt Daten preis, 27 Prozent bekamen schon einmal Nachrichten von fremden Personen und 24 Prozent fühlten sich durch das Smartphone gestresst.
Weitere Schattenseiten der vermehrten Handynutzung waren: Cybermobbing oder Cyber-Bullying (Diffamierung anderer Menschen über das Internet), Sexting (Verbreitung intimer Fotos oder Videos von sich oder anderen) oder Happy Slapping (gefilmter körperlicher Angriff auf andere Personen, der übers Internet verbreitet wird und das Opfer erniedrigen soll). Etwa zehn Prozent haben Cybermobbing bereits als Täter oder Opfer erlebt, zwischen vier und sechs Prozent der Kinder und Jugendlichen haben bereits Happy Slapping erfahren oder sexualisierte Fotos von sich verschickt.
Smartphone unter Freunden – Angst, etwas zu verpassen
Die hohe Smartphone-Nutzung hat deutliche Auswirkungen auf die Beziehung zu Gleichaltrigen: Als positive Effekte für Freundschaften untereinander nennen die Wissenschaftler etwa das gemeinsame Anschauen von Fotos und Videos oder das gemeinsame Handyspielen. Am wichtigsten sei das Handy aber als Kommunikationsmittel zu, das die Bindungen untereinander stärke, so Dr. Dorothée Hefner on der Hochschule für Musik, Theater und Medien Hannover.
Auffällig sei auch die Angst, etwas zu verpassen und aus dem Kommunikationsfluss ausgeschlossen zu sein, so ist laut Dr. Karin Knop von der Uni Mannheim. "Dies ist der stärkste Erklärungsfaktor für unkontrollierte, exzessive und risikobetonte Handynutzung. Wenn Kinder und Jugendliche zusätzlich einen hohen Anpassungsdruck an ihren Freundeskreis verspüren und dieser Freundeskreis eine 'Always-on'-Mentalität lebt, lassen sie sich besonders stark durch ihr Handy ablenken."
Eltern resignieren bei der Handy-Erziehung
Handys und mobiles Internet erleichtern den familiären Alltag – da sind sich Eltern und Kinder einig. Der größte Vorteil sei die vereinfachte Kommunikation und Alltagsorganisation. Man kann sich unkompliziert verabreden, etwas nachfragen, Bescheid geben und ist besser für Notsituationen gewappnet. Im alltäglichen Familienleben kommt es allerdings auch zu Reibungspunkten. So ist vor allem das zeitliche Ausmaß des kindlichen Handykonsums Grund für Konflikte. Aktive Handyerziehung, die über Restriktionen und Regelungen hinausgeht, wird offenbar auch dadurch erschwert, dass das Handy vorrangig ein mobil und individuell genutztes Medium mit kleiner Bildschirmgröße und privatem Charakter ist, und sich deshalb dem unmittelbaren Einfluss der Eltern entzieht. Viele Eltern hätten bei der „Handy-Erziehung“ ihrer Kinder bereits resigniert.