Erhöht Schlaf die Kreativität?

SChlafender Mann im Bett: Nächtlicher Schlaf erhöht die Kreativität nicht
Nächtlicher Schlaf erhöht die Kreativität nicht
Schlaf ist gut fürs Gedächtnis. Aber sind Menschen, die viel schlafen, auch kreativer? Forscher fanden Antworten.

Schlaf ist gut fürs Gehirn. Wer ausreichend und gut schläft, verarbeitet tagsüber Erlebtes und stärkt sein Gedächtnis. Aber beeinflusst der Schlaf auch das kreative Denken? Nein, fanden Forscher der Uniklinikums Freiburg in einer Studie heraus.

Schlafen oder nicht schlafen? Kreatives Denken im Test

Die Wissenschaftler um Prof. Christoph Nissen untersuchten bei 60 Probanden, ob im Schlaf Erinnerungen nur gefestigt oder auch mit anderen Gedächtnisinhalten neu vernetzt werden. Diese Vernetzung gilt als Voraussetzung für kreatives Denken. Diese wurde mit einem etablierten Assoziationstest geprüft, da assoziatives Denken eine wesentliche Grundlage für kreative Prozesse ist. In 60 Durchgängen sollten sie zu drei vorgegebenen Begriffen (etwa „Flocke – Eule – Besen“) ein Lösungswort finden, das jedes der drei Wörter sinnvoll ergänzt („Schnee“). Direkt nach der Antwort erfuhren die Testpersonen, ob diese korrekt war oder nicht. Das erlaubte den Probanden, die Antworten in der Folge zu speichern und zu verarbeiten.

Eine Gruppe führte den Test abends durch und schlief danach im Schlaflabor. Die zweite Gruppe führte den Test ebenfalls abends durch, durfte aber bis zum nächsten Morgen nicht schlafen. Eine dritte Gruppe machte den Test morgens und verbrachte dann einen normalen Tag. Nach acht Stunden wiederholten alle Probanden den Test. Anteil und Geschwindigkeit der wiederholt richtigen Antworten galten als Maß für die Gedächtnisleistung. Die Zahl und Geschwindigkeit der im zweiten Durchgang erstmals richtigen Antworten wurden als Maß für assoziatives und kreatives Denken gewertet.

Menschen sind kreativer bei Schlafentzug

Im Experiment zeigten Probanden mit Nachtschlaf zwar das beste Erinnerungsvermögen. Erstaunlicherweise war aber die Gruppe mit Schlafentzug sogar etwas kreativer beim Lösen von Aufgaben als die ‚Schläfer‘. Die Studie widerlegt damit die Annahme, dass kreative Prozesse im Schlaf besonders intensiv ablaufen. Das spricht dafür, dass Gedächtnisfestigung und Neuorganisation von Erinnerungen unabhängige Prozesse sind, bei denen die Gedächtnisstärkung im Schlaf Vorrang hat.

Wie vermutet erinnerten sich die ‚Schläfer‘ im zweiten Durchgang am besten und am schnellsten an die acht Stunden zuvor gegebenen richtigen Antworten. Sie waren aber nicht besser darin, für bislang ungelöste Begriffe korrekte Antworten zu finden. Nissen sagt: „Unsere Studie zeigt klar: die kreative Verarbeitung von Informationen ist im Schlaf nicht stärker als im Wachzustand.“ Tatsächlich fanden die Nachtaktiven sogar etwas schneller neue, richtige Antworten als die anderen beiden Gruppen. „Unabhängig davon hilft es natürlich, ausgeschlafen zu sein, um wieder neu leistungsfähig zu sein“, betont Nissen.

Die Studienergebnisse stehen im Widerspruch zu einer Reihe bisheriger Studien, die eine kreative Neuorganisation von Informationen im Schlaf nachgewiesen hatten. Während bislang meist recht einfache Denkvorgänge untersucht wurden, gilt aber assoziatives Denken als höchste Form des kreativen Denkens. „Vermutlich hat Schlaf umso weniger Einfluss auf die kreative Verarbeitung von Informationen, je komplexer die Aufgabe ist“, sagt Nissen.