Neue Schlaganfalltherapie – so funktioniert die Thrombektomie

MRT-Bilder vom Gehirn: Thrombektomie revolutioniert die Schlaganfalltherapie
Thrombektomie revolutioniert die Schlaganfalltherapie
Für Schlaganfallpatienten gibt es neue Hoffnung: Ein spezielles Katheterverfahren – die Thrombektomie – hilft Leben retten.

Inhaltsverzeichnis
Thrombektomie - Leben ohne Behinderung
So funktioniert die Thrombektomie
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Schlaganfall - Ursachen, Symptome, Therapien
Schlaganfall bei Grippewelle häufiger

Ein Schlaganfall trifft nicht nur ältere Menschen. Experten schätzen, dass fünf bis zehn Prozent der Schlaganfälle bei Menschen unter 50 Jahren auftreten. Jüngstes Beispiel ist der Jazzsänger Roger Cicero, der mit 45 Jahren den Folgen eines Schlaganfalls erlag. Bei einem Schlaganfall (Hirninfarkt, Apoplex) zählt jede Minute. Je früher die Therapie einsetzt und das blockierte Gefäß im Gehirn wieder geöffnet wird, desto geringer sind die Folgeschäden. In den letzten Jahren haben sich die Chancen, einen Schlaganfall zu überleben und ohne Behinderung davonzukommen, deutlich verbessert. Dazu trägt eine neue Schlaganfalltherapie bei, die erstaunlich gute Ergebnisse erzielt und deshalb schon heute bei Schlaganfällen eingesetzt wird, vor allem bei schweren Hirninfarkten. Thrombektomie heißt die Therapie im Fachjargon.

Thrombektomie – Leben ohne Behinderung nach Schlaganfall

Am häufigsten entsteht ein Schlaganfall, wenn ein Blutgerinnsel eine Hirnarterie blockiert. Mediziner sprechen vom ischämischen Infarkt oder Hirninfarkt. Seltener ist eine Hirnblutung der Auslöser des Schlaganfalls. Ist ein Gefäß im Gehirn blockiert, werden Schlaganfallpatienten sofort mit blutverdünnenden Medikamente behandelt, die das Gerinnsel auflösen sollen (Thrombolyse). Manchmal ist das Gerinnsel allerdings so groß, sodass die Therapie mit Blutverdünnern nicht ausreicht. Hier hilft die Thrombektomie - ein neuartiges Katheterverfahren, das einen echten Entwicklungssprung in der Therapie von Schlaganfällen bedeutet. „Quasi von heute auf morgen ist es möglich, Patienten mit schwersten Schlaganfällen mit relativ guten Erfolgschancen zu behandeln. Wir können damit in dieser Patientengruppe die Chancen auf ein Leben ohne Behinderung auf bis zu 50 bis70 Prozent erhöhen“, erklärt Prof. Dr. Martin Bendszus, Ärztlicher Direktor der Abteilung für Neuroradiologie an der Neurologischen Universitätsklinik Heidelberg.

So funktioniert die Thrombektomie bei Schlaganfall

Bei einer Thrombektomie führen Neuroradiologen unter Röntgenkontrolle einen feinen Draht über einen Katheter von der Leistenarterie bis in die Hirnarterie. Mit einem speziellen Drahtgeflecht – dem sogenannten Stent Retriever - ziehen sie das Gerinnsel vorsichtig aus dem Gefäß heraus. Bislang wurden solche großen Gerinnsel durchbohrt oder zerkleinert.

Die Thrombektomie hat noch einen weiteren Vorteil: Sie kann auch dann noch sinnvoll sein, wenn die ersten Schlaganfallsymptome schon länger zurückliegen. Die Thrombolyse zeigt dagegen nur in den ersten viereinhalb Stunden Wirkung. In welchem Zeitfenster nach dem Schlaganfall die Thrombektomie noch in Frage kommt, entscheiden die Ärzte bei jedem Patienten individuell nach einer Computertomografie oder der Magnetresonanztomografie (MRT, Kernspintomografie). „Sind im betroffenen Areal noch ausreichend Nervenzellen intakt kann auch eine relativ späte Behandlung helfen“, so Bendszus.

Thrombektomie - "Revolution" in der Schlaganfalltherapie

Bei einem Schlaganfall gilt: Je früher die Patienten behandelt werden, desto besser sind die Chancen auf ein späteres Leben ohne Behinderung. Bei Verschlüssen der großen Hirnarterien warten die Neurologen daher nicht die Wirkung der blutverdünnenden Medikamente ab, sondern starten möglichst schnell mit Thrombektomie. Mehrere Studien brachten so überzeugende Ergebnisse, dass Ärzte den Eingriff bei bestimmten Arten von Schlaganfällen inzwischen routinemäßig vornehmen. Einige wurden aufgrund der guten Ergebnisse vorzeitig abgebrochen – was eher selten der Fall ist. Mediziner sprachen sogar von einer „Revolution“.

Schlaganfall – wenn sich ein Gefäß verschließt

Jedes Jahr erleiden rund 270.000 Menschen in Deutschland einen Schlaganfall. Die meisten Betroffenen sind älter als 70 Jahre. Verursacher der ischämischen Schlaganfälle, die mit 80 Prozent die deutliche Mehrheit bilden, ist ein Blutgerinnsel im Gehirn. Nicht selten ist eines der großen Hirngefäße verschlossen und ein großes Hirnareal von der Durchblutung abgeschnitten, was schwerste neurologische Störungen zur Folge hat. Die Thrombektomie ist derzeit für fünf bis acht Prozent der Schlaganfälle eine Option. Ärzte glauben aber, dass in naher Zukunft alle Patienten mit akutem Schlaganfall und großen Gefäßverschlüssen von der Thrombektomie profitieren.