Kaufsucht - Einkaufen wie im Rausch

Kaufsucht - Shoppen, bis der Arzt kommt
Kaufsucht - Shoppen, bis der Arzt kommt
Schuhe, Klamotten, Schmuck – es gibt Menschen, die exzessiv shoppen gehen. Für rund sieben Prozent aller Menschen gerät das Einkaufen regelmäßig zum Rausch. 
Shoppen bis der Arzt kommt - diese Disziplin ist beliebt, vor allem unter den Frauen. Der Bummel durch die Innenstadt mit einem Besuch der großen Einkaufsmeilen gehört für viele zum Wochenende dazu. Pullover, Mantel, Jeans, T-Shirts, Schuhe - viele brauchen öfters was Neues, selbst wenn die Kleider- und Schuhschränke schon fast aus allen Nähten platzen. Etwa sieben Prozent aller Menschen belassen es nicht bei einem Paar Schuhe, sondern stopfen sich gleich mehrere Tüten mit Schuhkartons voll. Sie kauften exzessiv wie im Rausch ein, warnt die Deutsche Gesellschaft für Psychosomatische Medizin und Ärztliche Psychotherapie (DGPM). Experten sprechen von Kaufsucht.

Kaufen, kaufen, kaufen!

Dabei ist es nicht das Ziel, ein Produkt zu besitzen, sondern es ist das Kaufen selbst, das ein Glücksgefühl auslöst - zumindest kurzfristig. Doch das Glück ist von kurzer Dauer: „Der Kaufepisode geht eine Phase der Depression, Anspannung oder Langeweile voraus“, erläutert Dr. Dr. Astrid Müller, Privatdozentin an der Klinik für Psychosomatik und Psychotherapie an der Medizinischen Hochschule Hannover. Der Kauf werde dann kurzfristig als Befreiung, Vergnügen, Wohlgefühl oder Belohnung empfunden.

Schon bald stellen sich aber Gewissensbisse und Scham ein. Die gekauften Gegenstände werden oft versteckt, gehortet, weggegeben oder einfach vergessen, berichteten Patienten der Psychotherapeutin. Doch die Folgen der Erkrankung lassen sich nicht verbergen: „Viele Patienten haben substanzielle soziale, finanzielle und nicht selten auch juristische Probleme, wenn sie sich schließlich in Behandlung begeben“, weiß Müller.

Kaufsucht - der zwanghafte Kauf

Zwanghaftes Kaufen ist eine psychische Störung, die nicht gerade selten vorkommt. Mehrere Untersuchungen ergaben, dass rund sieben Prozent aller Menschen Symptome zwanghaften Einkaufens zeigen. Den Kaufzwang als psychische Erkrankung einzustufen, sei ein Schritt, um  sie als eine Verhaltensstörung anzuerkennen. „Das schärft das öffentliche Problembewusstsein und hilft den Betroffenen“, bestätigt Professor Harald Gündel von der Universitätsklinik für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie in Ulm.

Sind Kaufsüchtige wehrlos gegen Werbung?

Müller erforscht derzeit die Ursachen der Kaufsucht. Möglicherweise können sich kaufsüchtige Patienten nicht gegen die Impulse aus der Werbung wehren. Es gibt außerdem Hinweise, dass das zwanghafte Kaufen durch grundsätzliche Persönlichkeitsvariablen begründet sein könnte. In einem Test zum Entscheidungsverhalten, dem sogenannten „Iowa Gambling Task“ zeigen viele Patienten eine auffällige Risikobereitschaft, die mögliche negative Konsequenzen leicht vergessen lässt.

Kaufsucht und Depression im Kombipack

Die Kaufsucht kommt meist nicht alleine daher, sondern tritt oft in Kombination mit weiteren psychischen Erkrankungen auf. „Fast zwei Drittel unserer Patienten haben eine Depression“, berichtet Müller. Andere leiden an zwanghaftem Horten – das dem Messie-Syndrom sehr ähnlich ist. „Der Kaufzwang ist bei diesen Patienten häufig sehr stark ausgeprägt und die Behandlung deshalb besonders schwierig“, erklärt sie.

Eine Verhaltenstherapie könne die Krankheitseinsicht fördern und den Patienten Möglichkeiten zeigen, wie sie den Kaufdrang relativieren und den Kaufrausch vermeiden können. „Eine Gruppentherapie kann die Kaufsucht effektiv bekämpfen. Daher raten wir Menschen, die eine Zwanghaftigkeit in ihrem Kaufverhalten erkennen, psychologische Hilfe in Anspruch zu nehmen“, so Müller.

Datum:30.10.2014