Volkskrankheit Burnout

Nach Angaben des BKK-Bundesverbands ist die Anzahl der Krankheitstage aufgrund des Erschöpfungssyndroms zwischen den Jahren 2004 und 2011 um das 18-fache gestiegen. In seinem neuen Sachbuch „Erschöpfung und Depression: Wenn die Hormone verrücktspielen“ befasst sich der Mediziner und Autor Dr. Michael Spitzbart intensiv mit dem Burnout-Syndrom und seinen Ursachen sowie mit Therapie-Möglichkeiten. Die Gesundheits-Redaktion hat das Werk gelesen und einer kritischen Würdigung unterzogen:

Burnout ist aus Sicht des Verfassers nicht auf psychische Labilität zurückzuführen. Aus diesem Grund erklärt der Autor aus neurologischer Sicht, warum Stress oft mit einem verminderten Wohlbefinden einhergeht. In einer Angstsituation werden gehrinaktive Aminosäuren (Eiweißbausteine) durch Stresshormone in Glucose und damit in Energie umgewandelt. Diese Eiweißbausteine stehen anschließend nicht mehr zur Verfügung, um beispielsweise Serotonin und Testosteron in ausreichender Menge herzustellen. Die beiden Botenstoffe sind wichtig für unseren inneren Antrieb, unser Durchsetzungsvermögen und das Wohlbefinden.

Die „Spitzbart-Methode“

Dr. Michael Spitzbart: Erschöpfung und Depression, München 2012
In den anschließenden Kapiteln entwickelt der Mediziner eine Heilmethode, mit der es möglich sein soll, das eigene Burnout-Risiko rechtzeitig zu erkennen. Anhand einer spezifischen Blutuntersuchung könne dies festgestellt werden. In seinem Therapieplan, der sogenannten Spitzbart-Methode, setzt er beispielsweise auf Aminosäuren und körpereigene Heilmittel, um das Hormon-Gleichgewicht wieder herzustellen. Dazu könne eine geeignete Ernährungsweise unterstützt durch Nahrungsergänzungsmittel beitragen. Auf Psychopharmaka wie SSRI solle hingegen verzichtet werden. Der Verfasser empfiehlt dagegen natürliche Antidepressiva wie Johanniskraut. Ergänzt werden soll die Therapie beispielsweise durch mehr Bewegung, Mediation oder Entspannungsübungen: „Mein Ansatz besteht darin, die körpereigenen Produktion von Glücks- und Antriebshormonen auf natürliche Art und Weise zu verbessern“, schreibt Dr. Spitzbart dazu.

Kritik an Kollegen und Antidepressiva

So viel zu den Vorzügen des Buches: Der Autor erklärt die komplizierten neurologischen Zusammenhänge, die Stress, Angst, Depressionen und Burnout zugrunde liegen, sehr kompetent und verständlich. Warum der Mediziner mit seinen Kollegen zu hart ins Gericht geht, bleibt sein Geheimnis. Insbesondere die von ihm gescholtenen Antidepressiva haben schon vielen Menschen geholfen, die ein Burnout-Syndrom erlitten haben, sich wieder besser zu fühlen. Natürlich sind diese Arzneien aus gutem Grund verschreibungspflichtig. Ein Buch, das diese hochwirksamen Medikamente aber so pauschal verteufelt, sollte ebenfalls verschreibungspflichtig sein. Bereits das Vorwort verrät, was der Verfasser von sich und seinen Kollegen hält: „Der herkömmlichen Medizin misstraue ich schon lange. (…) Wenn die Hormone bei Burnout oder Depressionen verrücktspielen, nutzen diese Medikamente wenig.“ Bescheidener geht´s kaum. Darin steckt die Aussage: „ Alle meine Kollegen sind blöde, nur ich weiß, wie es richtig geht“, und das ist geeignet, als Arroganz interpretiert zu werden. Kommunikation ist eben das, was ankommt.

Das Taschenbuch „Erschöpfung und Depression – Wenn die Hormone verrücktspielen“ von Dr. Michael Spitzbart ist im Kösel-Verlag erschienen und kostet im Buchhandel 17,99 Euro in Deutschland und 18,99 Euro in Österreich.

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